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Massen­ab­mah­nungen: Ist ein Ende in Sicht?

Durch die gesetzliche Neuregelung sollen urheberrechtliche Abmahnungen transparenter werden. © Quelle: www.panthermedia.de

Am 9. Oktober ist das Gesetz gegen unseriöse Geschäfts­praktiken in Kraft getreten. Mit der Neuregelung will der Gesetzgeber Missstände bei urheber­recht­lichen Abmahnungen abstellen. Doch ob dieser Schritt ausreicht, ist fraglich.

Am 9. Oktober ist das Gesetz gegen unseriöse Geschäfts­praktiken in Kraft getreten. Mit der Neuregelung will der Gesetzgeber Missstände bei urheber­recht­lichen Abmahnungen abstellen. Das zielt vor allen Dingen auf Abmahnungen in Fällen des sog. Filesharing ab, von denen in jedem Jahr mehrere hundert­tausend an Inhaber von Internet­an­schlüssen versandt werden. Der Vorwurf ist dabei stets, dass über den Anschluss urheber­rechtlich geschützte Werke, zumeist Musikstücke oder Filme, mit anderen Nutzern eines sog. P2P-Netzwerkes getauscht wurden.

Das Ziel der Eindämmung solcher Abmahnungen will der Gesetzgeber im Wesent­lichen durch zwei Maßnahmen erreichen: Eine Begrenzung der erstat­tungs­fähigen Anwalts­kosten und eine Abschaffung des sogenannten fliegenden Gerichts­stands.

Deckelung der Anwalts­kosten

Die neue Vorschrift des § 97a Abs. 3 UrhG bestimmt, dass der Anspruch auf Erstattung von anwalt­lichen Abmahn­kosten auf einen Gegenstandswert von EUR 1.000,- für den Unterlas­sungs­an­spruch gedeckelt wird. Dies gilt aber nur gegenüber natürlichen Personen, die urhebe­rechtliche Werke nicht für ihre gewerb­lichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeiten verwenden und die nicht schon einmal wegen eines Anspruchs desselben Rechte­inhabers zur Unterlassung verpflichtet wurden. Bei Anwendung der 1,3-Regelgebühr entspricht das erstat­tungs­fähigen Anwalts­kosten von EUR 124,- (netto). Bislang waren in Filesha­ring­fällen Gegenstandswerte von EUR 10.000,- und höher üblich. Das Gesetz sieht allerdings vor, dass aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls von dieser Deckelung abgewichen werden kann, wenn der Wert unbillig ist. Die gesetzliche Neuregelung dürfte also die erstat­tungs­fähigen Rechts­an­walts­kosten zumindest rechnerisch um einige hundert Euro reduzieren. Demgegenüber bleibt die Möglichkeit wegen der Urheber­rechts­ver­letzung Schadens­ersatz zu fordern, allerdings unverändert bestehen.

Die spannende Frage wird also sein, wie die Rechte­inhaber und ihre Anwälte auf diese gesetzliche Neuregelung reagieren. Bislang war es üblich, dem Abgemahnten die Anwalts­kosten und einen Schadens­er­satz­betrag vorzurechnen, um ihm anschließend einen großzügigen“ Nachlass anzubieten, für den Fall einer außerge­richt­lichen Einigung. Es könnte also durchaus sein, dass man diese Angebote zur Güte künftig nicht mehr unterbreiten wird. Ob die Gesamt­for­de­rungs­beträge in der Praxis tatsächlich entscheidend sinken werden und das erklärte Ziel des Gesetz­gebers urheber­rechtliche Massen­ab­mah­nungen einzudämmen erreicht werden kann, bleibt abzuwarten.

Abschaffung des fliegenden Gerichts­stands gegenüber Verbrauchern

Der Gesetzgeber hat außerdem in urheber­recht­lichen Streitig­keiten zugunsten von Verbrauchern den sogenannten fliegenden Gerichtsstand abgeschafft. Bislang war es für die Rechte­inhaber in Filesha­ring­fällen möglich, an einem beliebigen Gerichtsort zu klagen. Von dieser Möglichkeit des Forum-Shoppings wurde auch rege Gebrauch gemacht. Das hat zu einer Konzen­tration der Verfahren bei denjenigen Gerichten geführt, bei denen die Rechte­inhaber und ihre Anwälte die für sie günstigste Rechtsprechung erwarteten.

Ab sofort können natürliche Personen, die geschützte Werke nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwenden, nur noch an ihrem Wohnsitz verklagt werden. Das wird voraus­sichtlich zu noch mehr Vielfalt in der ohnehin schon uneinheit­lichen Rechtspre­chungs­praxis führen, hat aber für den Beklagten den Vorteil, dass er nicht mehr durch ganz Deutschland zu einem Gerichts­termin reisen muss, wenn sein persön­liches Erscheinen angeordnet wurde. Möglicherweise werden die Rechte­inhaber in Zukunft auch bestimmte Gerichtsorte meiden, an denen sie aus ihrer Sicht schlechte Erfahrungen gemacht haben.

Transpa­rentere Abmahnungen

Durch die gesetzliche Neuregelung sollen urheber­rechtliche Abmahnungen außerdem transpa­renter werden. Die Vorschrift des § 97a Abs. 2 UrhG verlangt, dass die Abmahnung die Rechts­ver­letzung genau bezeichnet, die Schadens­ersatz- und Erstat­tungs­an­sprüche aufgeschlüsselt werden und vor allen Dingen, dass Angaben dazu gemacht werden, inwieweit die vorfor­mu­lierte Unterlas­sungs­er­klärung über die abgemahnte Rechts­ver­letzung hinausgeht. Eine Abmahnung, die nicht diesen Vorgaben entspricht, ist künftig unwirksam. Damit beinhaltet die bislang weit verbreitete Praxis eine zu weitgehende Unterlas­sungs­er­klärung zu fordern, das Risiko der Unwirk­samkeit der gesamten urheber­recht­lichen Abmahnung. Dieser Aspekt wird mit großer Sicherheit demnächst Gegenstand gericht­licher Ausein­an­der­set­zungen werden.

Neu ist außerdem die Regelung in § 97a Abs. 4 UrhG, wonach bei unberech­tigten oder unwirksamen Abmahnungen ein Anspruch des Abgemahnten auf Ersatz seiner für die Rechts­ver­tei­digung aufgewendeten Kosten besteht.

Das Gesetz bringt noch weitere Neuerungen, die teilweise aber erst zum 01.01.2014 in Kraft treten. So werden beispielsweise Darlegungs- und Informa­ti­ons­pflichten bei Inkasso­dienst­leis­tungen normiert, die sowohl für Inkassobüros als auch für Rechts­anwälte gelten.

Wie sich die neuen gesetz­lichen Regelungen in der Praxis tatsächlich auswirken, werden wir erst in den nächsten Monaten und Jahren sehen. Mit einem Ende der Massen­ab­mah­nungen speziell beim Filesharing dürfte aber so schnell nicht zu rechnen sein.

Thomas Stadler ist Fachanwalt für IT-Recht und für gewerb­lichen Rechts­schutz und betreibt einen eigenen Blog, der unter www.internet-law.de aufzurufen ist. Für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Herr Stadler regelmäßig zum Thema IT-Recht.

Datum
Aktualisiert am
27.06.2014
Autor
Thomas Stadler
Bewertungen
2351
Themen
Abmahnung Schadens­ersatz Urheber­schaft

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