
Mit wie viel Hass manche Menschen auf andere blicken, zeigen Äußerungen im Netz, in Blogs oder Kommentarspalten von Tageszeitungen und Online-Medien. Viele Medien sind deshalb dazu übergegangen, die Kommentarfunktion bei bestimmten Themen komplett abzuschalten.
Anders sieht hingegen der Umgang mit Hasskommentaren aus, den Betreiber sozialer Medien wie etwa Facebook, Twitter oder Youtube an den Tag legen. Zwar haben sich Facebook und andere soziale Medien inzwischen dazu verpflichtet, konsequenter gegen rassistische Posts und Hasskommentare auf ihren Seiten vorzugehen und strafbare Inhalte binnen 24 Stunden zu löschen. Doch das geschieht nach Meinung von Kritikern wie etwa Bundesjustizminister Heiko Maas nach wie vor nicht konsequent genug.
Hass im Netz: Immer mehr Kritik an Maas' Gesetz
Angesichts massiver Kritik hat Justizminister Heiko Maas seinen umstrittenen Gesetzentwurf gegen Hass und Hetze im Internet verteidigt. „Hass im Netz ist der wahre Feind der Meinungsfreiheit“, sagte der SPD-Politiker am Freitag im Bundestag. „Die gängige Praxis zeigt, es wird nicht zu viel gelöscht, sondern leider viel zu wenig gelöscht.“ Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz will die schwarz-rote Regierung Plattformen wie Facebook und Twitter zwingen, strafbare Hasskommentare konsequenter zu entfernen.
Offenkundig strafbare Inhalte sollen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden. In komplizierteren Fällen bekommen die sozialen Netzwerke sieben Tage Zeit. Auch müssen die Unternehmen künftig einen Ansprechpartner in Deutschland benennen, an den sich Bürger und Behörden mit Beschwerden wenden können. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro.
Kritiker fürchten eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung, wenn von Plattformen entschieden würde, was von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Weil der Minister sein Regelwerk möglichst vor der Sommerpause durchsetzen will, formiert sich immer mehr Kritik. Die „Allianz für Meinungsfreiheit“, zu der Wirtschaftsverbände, der Deutsche Journalisten-Verband, Reporter ohne Grenzen oder die Amadeu Antonio Stiftung gehören, warnte vor einem „gesetzgeberischen Schnellschuss“. Zudem werden ihrer Ansicht nach Ursachen strafbarer Hetze außer Acht gelassen und der offene Meinungsaustausch im Netz gefährdet. (dpa)
Internet-Hetzer: An wen können sich User wenden, wenn sie einen Hasskommentar oder einen rassistischen Post sehen?
Dennoch sollten Nutzer Äußerungen, die sich zum Beispiel gegen Migranten, Flüchtlinge und Juden richten oder in anderer Form herabsetzend sind, dem Betreiber der Website oder der sozialen Plattform melden. Im Idealfall löscht der Betreiber den beanstandeten Text.
Zum Löschen zwingen kann man den Betreiber allerdings nicht. Nutzer haben nach wie vor keine rechtliche Handhabe gegen Äußerungen im Netz, in denen nicht sie, sondern andere Menschen herabgesetzt werden. „Eine Löschung lässt sich nur erzwingen, wenn man selbst durch einen rechtsverletzenden Post betroffen ist“, sagt der Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng von der Arbeitsgemeinschaft Forum Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Wenn man selbst von strafwürdigen Posts betroffen ist, sollte man sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt beraten lassen. Ein Rechtsbeistand kann Betroffene darüber informieren, wie sie ihre Persönlichkeitsrechte schützen und etwa einen Unterlassungsanspruch durchsetzen können. Denn gegen den Betreiber der Website oder der sozialen Plattform hat man Anspruch auf Unterlassung.
„Einen solchen Anspruch hat die beleidigte Person auch gegenüber dem ‚Beleidiger‘ selbst“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng. Außerdem zeigt ein Rechtsbeistand auf, welche straf- und zivilrechtlichen Instrumente man gegen einen Täter nutzen kann. Diese Instrumente greifen aber eben nur, wenn man in einem Post selbst beleidigt wird und nicht bei der Beleidigung anderer.
Hetze im Internet: Kann die Polizei gegen rassistische Post und Hasskommentare vorgehen?
Engagierte User sollten sich von dieser Rechtslage aber nicht entmutigen lassen. Denn sie können zum Beispiel auch eine Strafanzeige gegen einen rassistischen Kommentator wegen seiner rassistischen Auslassungen stellen. Wer sich zu einer Anzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft entschließt, sollte seiner Anzeige Beweise beigeben, etwa den Link zum beanstandeten Kommentar oder einen Screenshot der Profilseite des Kommentators.
Ob sich der Anfangsverdacht bestätigt und die Behörden beginnen, zu ermitteln, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ganz wichtig sind dabei der Inhalt des Posts und die Frage, ob dieser justiziabel ist. Ob der Post also einen Straftatbestand wie Beleidigung, Bedrohung oder sogar Volksverhetzung erfüllt oder zumindest erfüllen könnte.
Diese Frage ist in der Praxis nicht immer leicht zu beantworten, denn viele Kommentare liegen in einem rechtlichen Graubereich oder sind von der Meinungsfreiheit gedeckt. „Nicht alles, was rassistisch ist, ist auch verboten“, sagt Rechtsanwalt Dr. Koreng. „Für Laien ist das manchmal schwer nachvollziehbar. Oft deckt sich das subjektive Rechtsgefühl nicht mit den gesetzlichen Regeln.“
In jedem Fall abzuraten ist, sich an Online-Prangern zu beteiligen, auf die manche Aktivisten in ihrer Empörung gegen Rassismus oder auch Homophobie zurückgreifen. Diese Art von Engagement kann seinerseits justiziabel, mindestens aber rechtlich fragwürdig sein.
- Datum
- Aktualisiert am
- 22.05.2017
- Autor
- ime