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Über die Legalität von Bewertungsportalen wurde vor dem Bundesgerichtshof (BGH) bereits mehrfach gestritten. So urteilte der BGH bereits 2009 und 2014 – beide Male zugunsten der jeweiligen Plattformen. Im Fall von 2014 war ein Arzt vor Gericht unterlegen, der von dem Ärztebewertungsportal Jameda die Löschung seines Profils verlangt hatte. Das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung überwiege das Recht des beklagten Unternehmens Jameda auf Kommunikationsfreiheit nicht, urteilten die Richter damals.
Doch im Januar 2018 war erstmals eine Klägerin vor dem BGH mit dem gleichen Anliegen erfolgreich: Das Gericht urteilte, dass Jameda die Daten einer Kölner Hautärztin vollständig löschen muss. Auf dem Bewertungsportal können Patienten Informationen über Ärzte finden und deren Leistungen auch bewerten. Laut Angaben von Jameda sind auf dem Portal Informationen über rund 275.000 Ärzte in Deutschland gespeichert. Dazu zählen in aller Regel Basisdaten wie Name, Anschrift oder Fachrichtung, die in einem Profil angezeigt werden.
Anders als in der Entscheidung von 2014 überwiege das Grundrecht der Klägerin auf informationelle Selbstbestimmung in diesem Fall, sagten die Richter in der Urteilsbegründung. Die Ärztin erhielt laut dem Gericht mehrfach kritische Bewertungen. Im Jahr 2015 beanstandete sie insgesamt 17 abrufbare Bewertungen auf dem Portal. Jameda löschte die Bewertungen erst, nachdem sie einen Anwalt einschaltete. Nach der Löschung stieg ihre die Gesamtnote von 4,7 auf 1,5.
Was änderte die Meinung des Gerichts zwischen 2014 und 2018? Zum Verhängnis wurde Jameda ein zwischenzeitlich eingerichtetes kostenpflichtiges Angebot. Das Portal sei kein "neutraler Informationsmittler" mehr. Denn zahlende würden Ärzte in einem "Premium-Paket" auf dem Portal ohne Konkurrenz in deren Umgebung angezeigt. Daher könnte Jameda sich auch nicht mehr auf die Grundrechte der Meinungs- und Informationsfreiheit berufen. In solchen Fällen überwiege das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Klägerin und ihrem "schutzwürdigen Interesse", auf dem Bewertungsportal nicht gespeichert und angezeigt zu werden.
Aus den BGH-Entscheidungen von 2014 und 2018 ergibt sich: Bewertungsportale sind grundsätzlich erlaubt, solange sie die Neutralität bewahren. Das Urteil ist somit nicht nur speziell für die Ärztebewertungsplattform Jameda relevant. Vergleichsportale, auf denen etwa Hotels oder Restaurants bewertet werden, dürften ähnlich zu behandeln sein, sofern deren Betreiber das gleiche Geschäftsmodell verfolgen. Jameda reagierte auf das Urteil prompt und kündigte an, nun das Geschäftsmodell anzupassen, so dass die unterschiedliche Behandlung in diesem Punkt beseitigt werde.
Schlechte Bewertungen einzelner Nutzer beschäftigen derweil immer noch die Gerichte. In einem Fall klagte ein Zahnarzt gegen ein Bewertungsportal, auf dem die Mediziner mit Sternen bewertet wurden.
Auf der Plattform können kurze Texte zusammen mit einer Stern-Bewertung abgegeben werden. Eine Person bewertete die Zahnklinik mit nur einem Stern. Einen Begründungstext gab es nicht. Der Betreiber der Praxisklinik verlangte die Löschung dieses Eintrags. Er kenne keine Person unter dem Benutzernamen.
Das Landgericht Augsburg sah keine Pflicht zur Löschung. Es bewertete den Eintrag zu der Klinik als freie Meinungsäußerung. Damit habe der Betreiber des Bewertungsportals seine Prüfungspflichten nicht verletzt (Entscheidung vom 17. August 2017, AZ: 22 O 560/17). Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) macht auf die Entscheidung aufmerksam.
Gericht: Wer mit Klinik zu tun hat, darf bewerten
Der Benutzer teile mit, dass er eine Meinung zur Praxis habe, so das Gericht. Mit der Vergabe des Sterns treffe er keine Aussage zu konkreten Leistungen oder Personen der Klinik. Der Hintergrund der Bewertung bleibe offen. Daher sei der Kläger auch nicht in seiner Ehre oder sozialen Anerkennung tangiert.
Es kommt nach Auffassung des Gerichts in Augsburg auch nicht darauf an, ob der Arzt den Bewertenden kennt oder behandelt hat. Es reiche aus, dass der Nutzer in irgendeiner Art und Weise mit der Klinik in Berührung gekommen sei. Es fehle auch an einer überprüfbaren unwahren Tatsachenbehauptung. Eine Meinungsäußerung werde auch nicht dadurch unzulässig, dass der Hintergrund offenbleibe.