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BGH-Urteil

BGH-Urteil: Bewertungs­portale müssen neutral sein

Urteile auf Bewerttungsportalen sind grundsätzlich erlaubt. © Quelle: DAV

Bisher hatte der Bundes­ge­richtshof (BGH) bei Klagen gegen das Ärztebe­wer­tungs­portal "Jameda" die Meinungs­freiheit und das Informa­ti­ons­in­teresse höher eingestuft, als die Persön­lich­keits­rechte. Doch nach einem Urteil im Januar 2018 muss das Portal die Daten einer Kölner Hautärztin löschen. Zum Verhängnis wurde Jameda ein kosten­pflichtiges Premium-Angebot. Das Urteil könnte auch für die Geschäfts­modelle anderer Plattformen Konsequenzen haben.

Über die Legalität von Bewertungs­portalen wurde vor dem Bundes­ge­richtshof (BGH) bereits mehrfach gestritten. So urteilte der BGH bereits 2009 und 2014 – beide Male zugunsten der jeweiligen Plattformen. Im Fall von 2014 war ein Arzt vor Gericht unterlegen, der von dem Ärztebe­wer­tungs­portal Jameda die Löschung seines Profils verlangt hatte. Das Recht des Klägers auf informa­tionelle Selbst­be­stimmung überwiege das Recht des beklagten Unternehmens Jameda auf Kommuni­ka­ti­ons­freiheit nicht, urteilten die Richter damals.

Jameda-Urteil 2018: Bewertungs­portal muss Profil löschen

Doch im Januar 2018 war erstmals eine Klägerin vor dem BGH mit dem gleichen Anliegen erfolgreich: Das Gericht urteilte, dass Jameda die Daten einer Kölner Hautärztin vollständig löschen muss. Auf dem Bewertungs­portal können Patienten Informa­tionen über Ärzte finden und deren Leistungen auch bewerten. Laut Angaben von Jameda sind auf dem Portal Informa­tionen über rund 275.000 Ärzte in Deutschland gespeichert. Dazu zählen in aller Regel Basisdaten wie Name, Anschrift oder Fachrichtung, die in einem Profil angezeigt werden.

Anders als in der Entscheidung von 2014 überwiege das Grundrecht der Klägerin auf informa­tionelle Selbst­be­stimmung in diesem Fall, sagten die Richter in der Urteils­be­gründung. Die Ärztin erhielt laut dem Gericht mehrfach kritische Bewertungen. Im Jahr 2015 beanstandete sie insgesamt 17 abrufbare Bewertungen auf dem Portal. Jameda löschte die Bewertungen erst, nachdem sie einen Anwalt einschaltete. Nach der Löschung stieg ihre die Gesamtnote von 4,7 auf 1,5.

Jameda: Premium-Paket verletzt Neutralität 

Was änderte die Meinung des Gerichts zwischen 2014 und 2018? Zum Verhängnis wurde Jameda ein zwischen­zeitlich eingerichtetes kosten­pflichtiges Angebot. Das Portal sei kein "neutraler Informa­ti­ons­mittler" mehr. Denn zahlende würden Ärzte in einem "Premium-Paket" auf dem Portal ohne Konkurrenz in deren Umgebung angezeigt. Daher könnte Jameda sich auch nicht mehr auf die Grundrechte der Meinungs- und Informa­ti­ons­freiheit berufen. In solchen Fällen überwiege das Recht auf informa­tionelle Selbst­be­stimmung der Klägerin und ihrem "schutz­würdigen Interesse", auf dem Bewertungs­portal nicht gespeichert und angezeigt zu werden.

Bewertungs­portale: Grundsätzlich erlaubt, aber zur Neutralität verpflichtet

Aus den BGH-Entschei­dungen von 2014 und 2018 ergibt sich: Bewertungs­portale sind grundsätzlich erlaubt, solange sie die Neutralität bewahren. Das Urteil ist somit nicht nur speziell für die Ärztebe­wer­tungs­plattform Jameda relevant. Vergleichs­portale, auf denen etwa Hotels oder Restaurants bewertet werden, dürften ähnlich zu behandeln sein, sofern deren Betreiber das gleiche Geschäfts­modell verfolgen. Jameda reagierte auf das Urteil prompt und kündigte an, nun das Geschäfts­modell anzupassen, so dass die unterschiedliche Behandlung in diesem Punkt beseitigt werde.

Schlechte Bewertung ohne Begründung: Muss das Portal löschen?

Schlechte Bewertungen einzelner Nutzer beschäftigen derweil immer noch die Gerichte. In einem Fall klagte ein Zahnarzt gegen ein Bewertungs­portal, auf dem die Mediziner mit Sternen bewertet wurden.

Auf der Plattform können kurze Texte zusammen mit einer Stern-Bewertung abgegeben werden. Eine Person bewertete die Zahnklinik mit nur einem Stern. Einen Begrün­dungstext gab es nicht. Der Betreiber der Praxis­klinik verlangte die Löschung dieses Eintrags. Er kenne keine Person unter dem Benutzernamen.

Das Landgericht Augsburg sah keine Pflicht zur Löschung. Es bewertete den Eintrag zu der Klinik als freie Meinungs­äu­ßerung. Damit habe der Betreiber des Bewertungs­portals seine Prüfungs­pflichten nicht verletzt (Entscheidung vom 17. August 2017, AZ: 22 O 560/17). Die Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) macht auf die Entscheidung aufmerksam.

Gericht: Wer mit Klinik zu tun hat, darf bewerten

Der Benutzer teile mit, dass er eine Meinung zur Praxis habe, so das Gericht. Mit der Vergabe des Sterns treffe er keine Aussage zu konkreten Leistungen oder Personen der Klinik. Der Hintergrund der Bewertung bleibe offen. Daher sei der Kläger auch nicht in seiner Ehre oder sozialen Anerkennung tangiert.

Es kommt nach Auffassung des Gerichts in Augsburg auch nicht darauf an, ob der Arzt den Bewertenden kennt oder behandelt hat. Es reiche aus, dass der Nutzer in irgendeiner Art und Weise mit der Klinik in Berührung gekommen sei. Es fehle auch an einer überprüfbaren unwahren Tatsachen­be­hauptung. Eine Meinungs­äu­ßerung werde auch nicht dadurch unzulässig, dass der Hintergrund offenbleibe.

Datum
Aktualisiert am
28.03.2018
Autor
psu
Bewertungen
241
Themen
Arzt Bewertungs­plattform Internet Jameda Persön­lich­keits­rechte

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