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Behand­lungs­fehler

Recht auf Einsicht in Patien­tenakte?

Dürfen Patienten und Krankenkassen beim Verdacht auf Behandlungsfehler die Patientenakte einsehen? © Quelle: HeroImages/gettyimages.de

Wer einen Behand­lungs­fehler nachweisen will, muss auch in die Unterlagen seines Arztes schauen können. Diesen Anspruch kann man an seine Krankenkasse weitergeben. Kann aber der Arzt dies verweigern, weil noch nicht alle Rechnungen bezahlt sind?

Die gute Nachricht für Patienten: Verweigern kann der Arzt das nicht. Der Anspruch des Patienten auf Einsicht in sämtliche Unterlagen besteht unabhängig davon, ob die Rechnungen bereits bezahlt sind. Der Arzt muss gegen Kosten­er­stattung zumindest eine lesbare Kopie zur Verfügung stellen. Die Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsge­richts München vom 6. März 2015 (AZ: 243 C 18009/14).

Klage der Krankenkasse wegen Behand­lungs­fehler des Zahnarztes

Geklagt hatte eine Krankenkasse. Eine ihrer Versicherten ließ sich zwischen Dezember 2012 und Januar 2013 bei einer Zahnärztin in München Schwabing behandeln. Nach der Behandlung informierte die Patientin ihre Krankenkasse darüber, dass die Zahnärztin eine Behandlung an ihr vorgenommen habe, die nicht besprochen war und dabei eine Krone zerstört habe. Sie leide an Schmerzen und einem bitteren Geschmack im Mund.

Die Patientin entband die Zahnärztin von ihrer Schwei­ge­pflicht und erklärte sich mit der Herausgabe der Patien­ten­un­terlagen an ihre Kranken­ver­si­cherung einver­standen. Die Kranken­ver­si­cherung forderte Ende April 2013 erstmals die Kranken­un­terlagen der Patientin bei der Zahnärztin an.

Da die Ärztin nicht reagierte, klagte die Versicherung auf Herausgabe der Kranken­un­terlagen in Kopie. Daraufhin legte die Ärztin einen Teil der Kranken­un­terlagen vor, wobei die Kopien der Röntgen­auf­nahmen aufgrund der schlechten Qualität nicht auswertbar waren. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht übergab die Zahnärztin den elektro­nischen Kartei­kar­ten­ausdruck über die Behandlung der Patientin.

Weiterhin erklärte sie, dass in ihren Praxis­räumen das Original der Röntgen­auf­nahmen eingesehen werden könne. Im Übrigen machte die Zahnärztin ein Zurück­be­hal­tungsrecht an den Unterlagen geltend, da die Rechnung für die Behandlung noch nicht bezahlt sei.

Anspruch auf Herausgabe aller Unterlagen wegen Schadens­ersatz

Die Klage der Kranken­ver­si­cherung war erfolgreich. Sie kann verlangen, dass die Zahnärztin gegen Erstattung der Kosten Kopien der kompletten Patien­ten­un­terlagen fertigt und an die Versicherung herausgibt. Ein Patient habe Anspruch auf Einsicht in die Behand­lungs­un­terlagen, betonte das Gericht in München. Ein besonderes Interesse müsse dafür nicht dargelegt werden.

Dieser Anspruch der Patientin sei wegen des möglicherweise bestehenden Anspruchs auf Schadens­ersatz wegen Behand­lungs­fehlern auf die Versicherung überge­gangen. Damit gehe auch das Einsichtsrecht in die Patien­tenakte auf die Versicherung über. Die Einsichtnahme sei erforderlich, um eine mögliche Forderung wegen Arzthaftung zu prüfen und durchzu­setzen.

Der Anspruch bestehe in vollem Umfang weiter, obwohl die Zahnärztin einen Teil der Unterlagen im Prozess vorgelegt hat. Denn jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht hätten keine lesbaren Kopien der Röntgen­un­terlagen vorgelegen.

Da die Ärztin die Unterlagen nicht vollständig vorgelegt habe, bleibe der Anspruch weiter bestehen, da er nicht nur zu einem Teil erfüllt werden könne, betonten die Richter. Nur bei Einsichtnahme in die vollständigen Patien­tenakten sei der Anspruch erfüllt.

Dies war auch wegen der Kosten des Rechts­streits wichtig. Da die Klage somit insgesamt erfolgreich war, musste die Zahnärztin auch die Kosten des Rechtstreits zahlen.

Kein Zurück­be­hal­tungsrecht des Arztes

Es komme auch nicht darauf an, ob bereits alle Rechnungen bezahlt seien, so die Richter weiter. Der Anspruch auf Einsichtnahme in die Patien­ten­un­terlagen solle gerade die Feststellung eines möglichen Behand­lungs­fehlers ermöglichen, aufgrund dessen die Zahlung der Rechnung verweigert werden könne. Dies würde konter­kariert, könnte dem Anspruch auf Einsichtnahme in die Kranken­un­terlagen ein Zurück­be­hal­tungsrecht entgegen­ge­halten werden.

Sie vermuten, von einem Behand­lungs­fehler betroffen zu sein? Rechts­an­wäl­tinnen und Rechts­anwälte des Medizin­rechts beraten neben Kranken­ver­si­che­rungen auch Patienten und Ärzte. Hier finden Sie eine Experten in Ihrer Nähe.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

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