
Arbeitgeber und Rentenversicherung streiten häufig über die Frage, wann Mitarbeiter abhängig beschäftigt und damit Sozialversicherungsbeiträge für sie „fällig“ sind.
Beschäftigte gelten in der Regel als abhängig beschäftigt, wenn sie beispielsweise kein unternehmerisches Risiko tragen und von den Weisungen des Arbeitgebers abhängen. Diese Regel kann selbst dann gelten, wenn ein Beschäftigter einer weiteren, festen Tätigkeit nachgeht - und kann damit auch Handballtrainer in Vereinen umfassen.
Wegen dieser Rechtslage muss ein Handballverein aus dem Kreis Ludwigsburg für seine Handballtrainer der Herren- und Damenmannschaften mehr als 20.000 Euro Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Dies hat das Sozialgericht Heilbronn am 27. September 2016 (AZ: S 11 R 3919/13) entschieden.
Für welche Beschäftigte greift die Sozialversicherungspflicht?
In dem von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall hatte ein Verein zwei Handballtrainer beschäftigt. Dem Trainer der Herrenmannschaft zahlte er ab Juli 2008 ein monatliches "Bruttogehalt" von 3.450 Euro für seine Tätigkeit. Er hatte einen Vertrag für drei Jahre.
Wegen unzureichenden sportlichen Erfolgs entließ der Verein den Handballtrainer im Dezember 2009. Die Handballtrainerin der Damenmannschaft erhielt im Zeitraum 2007/2008 bis zur einvernehmlichen Trennung eine monatliche Pauschale von 600 Euro zzgl. 150 Euro für ihre Tätigkeit, also das Training der A-Juniorinnen.
Ende Juli 2011 führte die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Betriebsprüfung durch und forderte danach vom Handballverein Sozialversicherungsbeiträge von mehr als 20.000 Euro nach. Der Verein habe die beiden Handballtrainer abhängig beschäftigt, ohne Sozialversicherungsbeiträge in der nachgeforderten Höhe für deren Tätigkeit zu zahlen. Es bestand also für die Trainer eine Sozialversicherungspflicht. Gegen die Nachforderung der Deutschen Rentenversicherung klagte der Handballverein.
Sozialversicherungspflicht: Wann muss ein Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge zahlen?
Die Klage war vor dem Sozialgericht in Heilbronn erfolglos. Nach Auffassung des Sozialgerichts waren beide Handballtrainer nicht selbstständig tätig, sondern abhängig beschäftigt, so dass eine Sozialversicherungspflicht bestand. Das Gericht legte folgende Kriterien bei der Prüfung an:
- beide Trainer sind in den Vereinsbetrieb eingegliedert gewesen und haben kein unternehmerisches Risiko getragen,
- weder hätten sie eigenes Kapital noch nennenswert eigene Betriebsmittel eingesetzt,
- die notwendigen Arbeitsmittel (wie Bälle, Leibchen, Trikots etc.) stellte der Verein,
- die Trainingszeiten ebenso wie die Einsatzzeiten an Spieltagen gab der Verein vor,
- die beiden Handballtrainer hätten auch keinen bestimmten Erfolg geschuldet. Vielmehr habe der Handballverein das jeweils pauschal vereinbarte Honorar auch dann gezahlt, wenn die Trainer zum Beispiel verhindert gewesen seien.
Das Weisungsrecht des Handballvereins wurde auch daraus deutlich, dass der Verein den Handballtrainer der Herrenmannschaft im Dezember 2009 gegen seinen Willen von seiner Tätigkeit als Trainer voll umfänglich freigestellt hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Trainerin der Damenmannschaft zeitweise auch anderweitig als Trainerin tätig und der Trainer der Herrenmannschaft als Schulleiter einer Privatschule beschäftigt gewesen war. Es könne in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht eine Mehrfachbeschäftigung vorliegen, so das Gericht.
Anwälte für Sozialrecht beraten zum Thema Sozialversicherungspflicht
Im Zweifelsfall sollten Vereine und andere Arbeitgeber sich von Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten für Sozialrecht beraten und informieren lassen, welche Art der Beschäftigung vorliegt. Dann hätte der Verein im beschriebenen Fall die Sozialversicherungsbeiträge monatlich gezahlt und hätte die große Belastung durch die Einmalzahlung von 20.000 Euro an die Deutsche Rentenversicherung vermieden. Auch Arbeitgeber benötigen immer wieder Beratung im Sozialrecht. Passende Rechtsanwälte findet man in der Anwaltssuche.
- Datum
- Aktualisiert am
- 24.11.2016
- Autor
- red/dpa