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Selbstverteidigung

Selbst­ver­tei­digung – Was ist erlaubt?

Wie darf man sich in Deutschland verteidigen? © Canva

Hoffentlich gerät man nie in die Lage, sich gegen Angreifer verteidigen zu müssen. Sollte es doch einmal dazu kommen, stellt sich die Frage, welches Mittel zur Selbst­ver­tei­digung geeignet ist. Wie sieht die Rechtslage aus? Was ist legal, wenn Notwehr ausgeübt wird? Ob Pfefferspray, Messer oder Elektro­schocker – im Folgenden werden die wichtigsten Begriffe sowie erlaubte und illegale Methoden zur Selbst­ver­tei­digung erläutert.

Was ist Selbst­ver­tei­digung?

Selbst­ver­tei­digung bezieht sich auf die Fähigkeit und die Techniken, die eine Person erlernt oder anwendet, um sich selbst oder andere zu schützen, wenn sie sich in einer potenziell gefähr­lichen oder bedroh­lichen Situation befinden. Das Ziel der Selbst­ver­tei­digung besteht darin, Angriffen, Gewalt oder Bedrohungen angemessen zu begegnen und sich dabei körperlich und geistig zu verteidigen, ohne selbst der Aggressor zu werden.

Recht auf Selbst­ver­tei­digung: Notwehr

Der Gesetzgeber hat das Recht auf Vertei­digung in Paragraf 32 des Strafge­setz­buches (StGB) wie folgt definiert:

Notwehr ist die Vertei­digung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechts­widrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Eine Tat, die durch Notwehr erforderlich wird, ist nicht rechts­widrig. Das bedeutet: Werde ich angegriffen, darf ich mich wehren, ohne dabei rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Allerdings ist immer der Einzelfall entscheidend. Ebenso wie die Frage, ob das zur Abwehr genutzte Mittel verhält­nismäßig zur Gefahr des Angriffs steht.

Selbst­ver­tei­digung: Verhält­nis­mä­ßigkeit

Bei Notwehr bezieht sich der Begriff "Verhält­nis­mä­ßigkeit" auf das Prinzip, dass die eingesetzte Vertei­digung angemessen und verhält­nismäßig zur Bedrohung sein muss, der man ausgesetzt ist. Eine Person soll demnach keine übermäßige oder unange­messene Gewalt anwenden, um sich selbst oder andere zu verteidigen. So wäre es normalerweise unverhält­nismäßig, tödliche Gewalt gegen jemanden anzuwenden, der eine nicht tödliche Bedrohung darstellt, wie z.B. bei einem einfachen Angriff ohne Waffen.

Überschreitung der Notwehr

Wehrt man sich gegen einen Angreifer, kann es natürlich vorkommen, dass man diesem eine Körper­ver­letzung zufügt. Dies führt in vielen Fällen dazu, dass gegen die vertei­digende Person ein strafrecht­liches Ermittlungs-verfahren eingeleitet wird.

Eine gewisse Überschreitung der Notwehr ist laut § 33 StGB straffrei. Dann zumindest, wenn aufgrund von Furcht, Schrecken oder Verwirrung gehandelt wurde. Damit wird der psychischen Ausnah­me­si­tuation Rechnung getragen - in einer Notsituation ist es meist unmöglich, über die Verhält­nis­mä­ßigkeit der Vertei­digung nachzu­denken. Das Gebot, das „mildeste Mittel“ für die Notwehr zu wählen, ist bei Furcht, Schrecken oder Verwirrung häufig nicht realisierbar. Beispiel: Eine Frau wird angegriffen, der Angreifer hat es auf die Handtasche abgesehen. Obwohl die Frau ihre Tasche aus den Händen des Angreifers losreißen könnte, schlägt sie aus Angst mit einem Schirm auf den Angreifer ein, bis dieser bewusstlos wird.

Intensiver Notwehr­exzess

Von intensivem Notwehr­exzess ist die Rede, wenn die Abwehr einer Notsituation die Grenzen der Erforder­lichkeit oder Gebotenheit überschreitet. Wie bereits beschrieben, ist eine solche Abwehr im Affekt durch den § 33 StGB gedeckt.

Extensiver Notwehr­exzess

Man stelle sich folgende Situation vor: Der Angriff ist nicht gegenwärtig, weil er beispielsweise noch nicht begonnen hat, oder bereits vorbei ist. Wehrt man sich ohne diese zeitliche Komponente, wird eine Erforder­lichkeit von Notwehr in der Regel verneint. Man wird schließlich selbst zum Angreifer, ohne dass man sich im (gegenwärtigen) Moment verteidigen müsse.

(Dürfen sich Autofahrer gegen Straßen­blo­ckaden der Letzten Generation wehren? Wissens­wertes zu zivilem Ungehorsam lesen Sie hier.)

Welche Mittel der Selbst­ver­tei­digung gibt es?

  • Unbewaffnete Techniken: Diese umfassen Techniken wie Schlag- und Tritttechniken, Abwehrgriffe, Entwaffnungstechniken und Würfe, die ohne den Einsatz von Waffen ausgeführt werden.
  • Selbstverteidigung mit Waffen: Dies beinhaltet den Umgang mit Waffen wie Pfefferspray, Elektroschockern, Taschenmessern oder anderen legalen Verteidigungswerkzeugen, die helfen können, den Angreifer abzuschrecken.
  • Kampfsportarten: Kampfsportarten wie Karate, Taekwondo, Jiu-Jitsu, Judo und viele andere können als Formen der Selbstverteidigung betrachtet werden, da sie Abwehrtechniken lehren und gleichzeitig die körperliche Fitness, Disziplin und Selbstvertrauen fördern.

 

Notwehr: Welche Waffen sind in Deutschland erlaubt?

In Deutschland wird zwischen einem Waffen­schein und einer Waffen­be­sitzkarte unterschieden. „Der Waffen­schein berechtigt alleine zum Führen, das heißt zum zugriffs­be­reiten bei-sich-tragen einer Waffe außerhalb der eigenen Wohn- und Geschäftsräume, umfriedeten Besitztums oder einer Schieß­stätte“, erklärt Elmar Mettke, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Strafrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Die rechtliche Grundlage bildet das Waffen­gesetz (WaffG). In Deutschland dürfen bestimmte Waffen getragen werden, die dem Zweck der Selbst­ver­tei­digung dienen sollen. Beispiele sind:

  • Schreckschusswaffen: Schreckschusswaffen sind Waffen, die Gas- oder Platzpatronen verschießen und einen lauten Knall erzeugen. „Sie dürfen ab 18 Jahren erworben werden, wenn sie ein Prüfzeichen der Physikalisch-Technischen Bundes­anstalt (PTB) tragen oder den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedsstaates entsprechen“ so Rechtsanwalt Mettke. Zum Führen erfordern sie jedoch einen kleinen Waffenschein.
  • Reizgas- und Pfefferspray: Reizgassprays, die zur Tierabwehr oder zur Abwehr von aggressiven Menschen genutzt werden können, dürfen von Personen ab 14 Jahren gekauft werden. Es gibt jedoch Mengenbegrenzungen für den Wirkstoff. Ist es erlaubt, Pfefferspray mitzuführen? Alles Wissenswerte zum Pfefferspray lesen Sie hier.
  • Messer: Einhandmesser mit einer Klingenlänge von unter 8,5 cm können frei erworben und mitgeführt werden. Diese Grenze gilt für einseitig geschliffene Springmesser. So genannte Butterflymesser, Springmesser, Faustmesser und Fallmesser sind in der Regel verboten.
  • Luftdruckwaffen: Luftdruckwaffen mit einer Mündungsenergie von maximal 7,5 Joule (Maßeinheit für Energie) können frei erworben werden, sofern der Käufer mindestens 18 Jahre alt ist. Zum Führen wird jedoch ein regulärer Waffenschein benötigt.
  • Elektroschocker: Elektroschocker, die ein Prüfzeichen der Physikalisch-Technischen Bundes­anstalt (PTB) tragen, können für die Selbstverteidigung erworben werden.
  • Schlagstöcke: Rechtsanwalt Mettke: „Schlagstöcke sind Hiebwaffen und dürfen als solche zwar besessen, gemäß § 42a Abs. 1 Nr. 2 WaffG jedoch nicht geführt werden.“ Der Erwerb ist ab 18 gestattet.
  • Alarmgeräte: Alarmgeräte oder -uhren, die laute Geräusche erzeugen können, um potenzielle Angreifer abzuschrecken oder Hilfe anzufordern.
  • Taschenlampen: Bestimmte Lampen mit einer hohen Leuchtstärke, um Angreifer zu blenden und abzuschrecken.

Vorsicht: Das Mitführen von Waffen ist in Deutschland restriktiv geregelt. So gilt laut § 42 des Waffen­ge­setzes ein Verbot für öffentliche Veranstal­tungen, wie zum Beispiel bei Sportver­an­stal­tungen oder Demons­tra­tionen. Wer mit einer Waffe erwischt wird, muss mit einer hohen Geldstrafe rechnen. Das unerlaubte Mitführen wird als Ordnungs­wid­rigkeit geahndet und kann bis zu 10.000€ kosten. Wer illegal im Besitz einer Waffe ist, muss mit einer Freiheits­strafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren rechnen. Eine ausführliche Liste der verbotenen Waffen laut Gesetzestext finden Sie hier. Die strenge Rechtslage soll gewähr­leisten, dass ein fahrlässiger Umgang mit Waffen in Deutschland vermieden wird.

 

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Einbruch - Warum ein Gang zur Polizei nicht ausreicht

1:36

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Datum
Aktualisiert am
14.08.2023
Autor
red/dav
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