Es ist zu begrüßen, dass die Justiz in diesem Fall konsequent durchgegriffen hat. Denn leider gibt es viele derartige Kommentare. Und das genannte Beispiel zeigt, dass materiell-rechtlich durchaus eine strafrechtliche Relevanz vorliegt. Dass trotzdem viele Verfahren im Sande verlaufen, wird eher praktische Gründe haben. Im Zweifel liegt es daran, dass die Verfasser ein Pseudonym verwenden und ihre wahre Identität nicht ermittelt werden kann.
Strafrechtlich relevante Kommentare auf Facebook sollten gelöscht werden
Wenn Bundesjustizminister Heiko Maas vor diesem Hintergrund die Löschung strafrechtlich relevanter Kommentare von Facebook fordert, mag man darin zwar einen Akt der Hilflosigkeit sehen können – kommt doch deutlich das Eingeständnis zum Ausdruck, dass die Strafverfolgungsbehörden, deren Kompetenzen größtenteils an der Staatsgrenze enden, gegenüber weltweit agierenden Konzernen wie Google oder Facebook nur sehr begrenzt handlungsfähig sind.
Richtig ist die Forderung von Herrn Maas dennoch. Denn es würde ein fatales Signal an die Hetzer senden, wenn man ihre Pöbeleien nur deswegen duldete, weil ihre Verfolgung praktisch kaum möglich ist.
Gemeinschaftsstandards werden kaum eingehalten
Nicht zuletzt geht es jedoch auch darum, das Unternehmen selbst beim Wort zu nehmen. Facebook-Sprecherin Tina Kulow ließ am 11.08.2015 verlauten: „Inhalte wie Hassrede, Aufruf zur Gewalt oder Gewaltverherrlichung verstoßen jedoch gegen die Gemeinschaftsstandards von Facebook und werden umgehend gelöscht.“ Dieser Ankündigung lässt Facebook leider noch zu selten Taten folgen.
Ich habe bisher einmal ein Posting auf Facebook gemeldet. Das Ergebnis entspricht aber genau den unzähligen Berichten: Kurz und knapp wurde mir lediglich mitgeteilt, dass kein Verstoß gegen Gemeinschaftsstandards vorliege. Vollkommen ist die Farce, wenn ausgerechnet Beiträge, die sich um Aufklärung bemühen, gesperrt werden, wie gerade erst mit dem Video „Asylschmarotzer“ geschehen.
Das Video der Liberalen Flüchtlingshilfe stellt fremdenfeindliche Facebook-Posts und Bilder aus syrischen Kriegsgebieten einander gegenüber, um die Menschenfeindlichkeit dieser Kommentare zu unterstreichen.
Auch, wenn dieses Video zwischenzeitlich wieder entsperrt worden ist: Der Vorgang zeigt, dass bei der Umsetzung der eigenen „Gemeinschaftsstandards“ durch das Unternehmen einiges im Argen liegt. Dies zu kritisieren ist richtig.
Freie Meinungsäußerung darf nicht ehrverletzend sein
Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird durch Artirkel 5 Grundgesetz (GG) hingegen mit Bedacht gerade nicht schrankenlos gewährt. Es findet seine Schranken etwa in den allgemeinen Gesetzen und dem Recht der persönlichen Ehre (Artikel 5 Absatz 2 GG).
Jene Hasskommentare sind häufig besonders ehrverletzend, das zuvor erwähnte Video enthält hierfür einige Beispiele. Es ist zwar richtig, dass es ohne Meinungsfreiheit keine Demokratie geben kann. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, wie es durch das Grundgesetz konzeptioniert ist, erfordert es aber gerade nicht, dass jedwede beleidigende, ehrverletzende oder menschenverachtende Äußerung geduldet wird.
Und dass Facebook auch beim besten Willen nicht in der Lage sein wird, qua Löschfunktion Rassismus, Antisemitismus und sonstige Abscheulichkeiten zu besiegen, ist unbestritten. Facebook könnte es den Hetzern aber wenigstens etwas erschweren, solche zu verbreiten. Und schließlich dürfte es auch dem Schutz der Betroffenen dienen, sie der Hetze nicht mehr als unbedingt nötig auszusetzen. Denn auch Flüchtlinge benutzen bisweilen Facebook.
Prof. Niko Härting ist hingegen der Meinung, dass man rassistische Kommentare nicht löschen sollte. Lesen Sie hier sein Plädoyer.
- Datum
- Aktualisiert am
- 12.10.2015
- Autor
- Marcel Keienborg