
Durch die Einführung der Ganztagsschule und das Abitur nach der zwölften Jahrgangsstufe in vielen Bundesländern, steigen die Präsenzzeit in der Schule und die Arbeitsbelastung der Schülerinnen und Schüler gleichermaßen – und das bereits für Kinder in der Grundschulzeit.
Immer wieder kommt es daher zum Streit zwischen Eltern und Lehrer oder gleich der Schule, wenn die Kinder zusätzlich Hausaufgaben erledigen müssen. Können Eltern aber so weit gehen und ihre Kinder von der Pflicht der Erledigung ihrer Aufgaben entbinden?
Von der Hausaufgabenpflicht kann nur die Schule entbinden
„Ein allgemeines Recht, die Kinder von der Hausaufgabenpflicht zu entbinden, existiert nicht“, weiß Rechtsanwalt Dr. Matthias Ruckdäschel, Mitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV). Bildung ist zwar Ländersache und die Landesschulgesetze und Schulordnungen unterscheiden sich mitunter. Ruckdäschel lebt und arbeitet in Bayern und blickt daher auf die dort geltenden Regelungen. Diese jedoch lassen sich durchaus auch auf den Rest des Landes anwenden.
„Die Hausaufgabenpflicht ergibt sich unmittelbar aus den Schulordnungen und entspricht auch der übereinstimmenden Ansicht in der Rechtsprechung“, erklärt der Schulrechtsexperte Matthias Ruckdäschel. Von dieser Pflicht könne nur die Schule entbinden, nicht aber die Eltern.
Einflussmöglichkeiten der Eltern: Gespräch mit der Schule
Dennoch können Eltern Einfluss nehmen, sollten sie das Gefühl haben, ihre Kinder werden über den Unterricht hinaus schulisch zu sehr eingebunden sein oder aber sind schlicht überfordert mit den an Sie gestellten Anforderungen.
Allerdings geht das nur über ein Gespräch mit dem Klassenlehrer. Sollte dieses nicht zur Zufriedenheit verlaufen, steht es Eltern frei, die Schulleitung zu kontaktieren. Letztlich aber muss Eltern klar sein: Die Schule sitzt am längeren Hebel.
Keine Hausaufgaben gemacht: diese Folgen drohen
Wer keine Hausaufgaben macht, muss mit Konsequenzen rechnen – zumindest dann, wenn die Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde. Will heißen: Konnte das Kind aufgrund seines individuellen Leistungsvermögens die gestellten Hausaufgaben überhaupt erfolgreich erledigen?
- Verweis: Eine denkbare Sanktionsmöglichkeit ist der Verweis, vergleichbar mit der Abmahnung im Berufsleben. Rechtsanwalt Ruckdäschel erklärt den weiteren Verlauf: „Dieser Verweis kann dann die Grundlage weiterer Ordnungsmaßnahmen sein. Bei vielen Verweisen ist sogar die Entlassung von der Schule denkbar.“ Doch auch Ordnungsmaßnahmen sind an Bedingungen geknüpft. Ist ein Kind überfordert, kann ein Verweis nicht zur besseren Erledigung der Hausaufgaben anhalten.
- Vorrücken auf Probe: Die wiederkehrende Nichtanfertigung von Hausaufgaben kann auch als Grund herangezogen werden, die Schüler nicht in die nächste Klasse aufzunehmen. In solchen Fällen darf die Schule wegen mangelnder Lernbereitschaft darauf schließen, dass ein Vorrücken auf Probe schlechte Aussichten hat und derartige Anträge ablehnen. Gleiches gilt für Anträge auf freiwillige Wiederholung eines Schuljahres
Steigende Arbeitsbelastung der Schüler: Bundesländer reagieren
Aufgrund gestiegener Arbeitsbelastung reagieren einige Bundesländer aber inzwischen. Das nordrhein-westfälische Ministerium für Schule und Weiterbildung hat in einem Runderlass im Mai 2015 verbindlich geregelt, dass Hausaufgaben so zu bemessen sind, dass sie in bestimmten vorgegebenen Arbeitszeiten erledigt werden können.
Zeiten, die im Runderlass festgeschrieben sind:
- 1. und 2. Klasse: maximal 30 Minuten
- 3. und 4. Klasse: maximal 45 Minuten
- 5. bis 7. Klasse: maximal 60 Minuten
- 8. bis 10. Klasse: maximal 75 Minuten
Auf dieser Grundlage muss die Schulkonferenz einer jeden Schule ein Konzept erstellen. „Weicht die Schule von diesem Runderlass ab, wird es rechtlich nicht möglich sein, die Nichtanfertigung von Hausaufgaben, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, zu sanktionieren“, sagt Ruckdäschel.
Leser-Umfrage
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.03.2016
- Autor
- ndm