Auch Kinder, die bereits volljährig sind, können Unterhalt von ihren Eltern verlangen - und erhalten. Das gilt dann, wenn die Kinder etwa eine Ausbildung absolvieren. Sie müssen diese aber vollenden, sonst droht ihnen der Verlust des Ausbildungsunterhalts. Allerdings nicht immer, wie ein Fall zeigt, über den die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins berichtet. Die Arbeitsgemeinschaft verweist auf eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 10. Juni 2015 (AZ: 13 UF 12/15).
Der Entscheidung des Kammergerichts Berlin lag folgender Fall zugrunde: Der junge Mann litt seit seiner Kindheit an einem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und einer Lernbehinderung. Für den Zeitraum März 2012 bis März 2013 forderte er Ausbildungsunterhalt von seinem Vater. Im März 2012 hatte er eine Ausbildung zum Maler und Lackierer abgebrochen. Ab März 2013 befand er sich in jugendpsychiatrischer Behandlung.
Das Familiengericht hatte entschieden, dass der Vater ihm keinen Ausbildungsunterhalt zahlen müsse. Nach Meinung der Richter hatte der Sohn nicht nachweisen können, dass er den Unterhalt benötige. Ein volljähriges Kind sei verpflichtet, grundsätzlich jede Erwerbsmöglichkeit zu nutzen, um für seinen Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Leide es an ADHS und einer Lernbehinderung, sei es verpflichtet, alles zu unternehmen, um wieder arbeiten zu können. Ziel sei, dass er für seinen eigenen Unterhalt sorgen könne. Eben das habe der junge Mann aber nicht getan.
Volljährige Kinder verpflichtet, für eigenen Lebensunterhalt zu sorgen
Die Richter machten ihm dabei nicht zum Vorwurf, dass er in der 8. Schulklasse die Tabletten gegen seine Erkrankung eigenmächtig abgesetzt hatte, wodurch sich sein Gesundheitszustand rapide verschlechterte. Der Mann hatte sie dann aber erst wieder im Zuge seiner jugendpsychiatrischen Behandlung ab März 2013 eingenommen. Er hätte das jedoch nach Ansicht der Richter des Familiengerichts deutlich früher tun müssen, etwa nach dem Abbruch seiner Ausbildung zum Maler und Lackierer im März 2012.
Das sah das Kammergericht anders. Hier liege eine Ausnahme vor. Zwar seien Kinder verpflichtet, „die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden“. Wenn das Kind das nicht tue, seien die Eltern auch nicht mehr verpflichtet, Unterhalt zu zahlen. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund hätte der Sohn eigentlich keinen Anspruch mehr auf Zahlungen. Doch aufgrund seiner Krankheit sei er gerade nicht in der Lage, für eine planvolle, zielstrebige und fleißige Erstausbildung zu sorgen.
Ihm habe aufgrund seiner Krankheit die Einsichtsfähigkeit gefehlt, dass er ärztliche Hilfe brauche. Daher habe sein Verhalten keinen Einfluss auf seinen Unterhaltsanspruch.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.05.2016
- Autor
- red/dpa