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Familie und Geld

Kindes­un­terhalt auch während des Freiwilligen Sozialen Jahres

Junge Erwachsene bekommen auch in der Ausbildung elterlichen Unterhalt. Doch auch während des Sozialen Jahres? © Quelle: Westend61/gettyimages.de

Kindes­un­terhalt muss nicht nur während der Schulzeit gezahlt werden, sondern auch während der Ausbildung. Selbst junge Erwachsene können während der Erstaus­bildung Anspruch auf Kindes­un­terhalt haben. Wie sieht es während der Ableistung des Freiwilligen Sozialen Jahres aus?

Das Freiwillige Soziale Jahr stellt einen angemessenen Ausbil­dungs­schritt dar. Daher kann auch dann Anspruch auf Kindes­un­terhalt bestehen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm, wie die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert.

Der Fall: Die 1997 geborene junge Frau lebt bei ihrer Mutter. Die Realschule schloss sie im Sommer 2013 ab. Ab Oktober 2013 absolvierte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Krankenhaus. Dort erhielt sie ein Taschen- beziehungsweise Verpfle­gungsgeld von 370 Euro im Monat.

Von ihrem Vater verlangte sie einen monatlichen Kindes­un­terhalt in Höhe von 149 Euro nach Abzug der Einkünfte und des Kinder­geldes. Die Ableistung des Freiwilligen Sozialen Jahres diene der Vorbereitung auf ihr Berufsziel Kranken­schwester, so die Tochter. Dann erhöhten sich ihre Chancen, im Pflege­bereich eine Ausbil­dungs­stelle zu bekommen.

Der Vater wollte keinen Unterhalt zahlen. Er meinte, seine Tochter hätte sich nach dem Schulab­schluss direkt um eine Ausbil­dungs­stelle bemühen müssen. Sie habe dies offensichtlich nicht einmal versucht. Für die Absolvierung eines Freiwilligen Sozialen Jahres bestehe kein Anspruch auf Kindes­un­terhalt. In der ersten Instanz unterlag die Tochter, da das Freiwillige Soziale Jahr keine Voraus­setzung für die Ausbildung zur Kranken­schwester sei.

Gericht: Anspruch auf Kindes­un­terhalt auch während Freiwil­li­gen­dienstes

Das Oberlan­des­gericht in Hamm dagegen verpflichtete den Vater dazu, den gewünschten Kindes­un­terhalt an die Tochter zu zahlen. Es sei nicht nur dann Unterhalt während des Freiwilligen Sozialen Jahres zu zahlen, wenn dieses die Voraus­setzung für ein späteres Studium oder eine Ausbildung sei.

Die Richter begründeten das mit dem Ziel des Gesetzes zum Jugend­frei­wil­li­gen­dienst. Demnach sollen soziale, kulturelle und interkul­turelle Kompetenzen vermittelt und das Verant­wor­tungs­be­wusstsein für das Gemeinwohl gestärkt werden. Die Freiwilligen sollen neben beruflicher Orientierung und Arbeits­er­fahrung auch wichtige personale und soziale Kompetenzen erwerben, die als Schlüs­sel­kom­pe­tenzen auch die Arbeits­markt­chancen verbessern können, heißt es in der Gesetzes­be­gründung.

Daraus schloss das Gericht, dass ein solcher Dienst ein angemessener Ausbil­dungs­schritt sei. Und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildung später tatsächlich in einen sozialen Beruf münde, sich das Freiwillige Soziale Jahr also „konkret auszahlt“.

Das Gericht zeigt die Tendenz, einen solchen Anspruch grundsätzlich zu bejahen. In dem Fall musste es das aber nicht konkret entscheiden, da hier ja das Freiwillige Soziale Jahr in einem Krankenhaus zum Berufs­wunsch der Kranken­schwester passt. Die Frau wird die gesammelten beruflichen Erfahrungen in einer Ausbildung zur Kranken­schwester nutzen können.

Im Übrigen führten die Richter aus, dass ein solches Jahr auch die Möglichkeit biete, Klarheit darüber zu erhalten, ob der angestrebte Beruf sich tatsächlich für die Tochter eigne. Auch für eine solche Orientie­rungsphase bestehe Anspruch auf Kindes­un­terhalt.

Die Hartnä­ckigkeit der jungen Frau hat sich also ausgezahlt. Sie hat sich durch die Entscheidung der ersten Instanz nicht abschrecken lassen. Mit anwalt­licher Hilfe konnte sie sich letztlich durchsetzen (Urteil vom 8. Januar 2015, AZ: II-1 WF 296/14).

Datum
Aktualisiert am
16.02.2016
Autor
dpa/red
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Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Jugendliche Unterhalt

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