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Eigentum vom Chef

Wo beginnt Diebstahl am Arbeitsplatz?

Viele Mitarbeiter drucken ganz selbstverständlich auch private Dokumente am Arbeitsplatz. Erlaubt ist das aber nur bei ausdrücklichem Einverständnis des Arbeitgebers. © Quelle: Leukos/gettyimages.de

Einen Bleistift einstecken, eine private Kopie ziehen oder kurz vom Kunden­buffet naschen: Die meisten Arbeit­nehmer haben sich wohl schon in irgendeiner Form am Eigentum ihres Arbeit­gebers bedient. Nur den wenigsten dürfte bewusst sein, dass sie dabei eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung riskieren.

Auch wenn solche Mini-Diebstähle am Arbeitsplatz alltäglich vorkommen und es dabei oft nur um Schäden im Cent-Bereich geht, sind sie keineswegs harmlos. „Wenn nichts anderes vereinbart wurde, ist jede private Nutzung betrieb­licher Ressourcen verboten“, sagt Rechts­an­wältin Dr. Nathalie Oberthür von der Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). Im schlimmsten Fall kann man schon mit einem einmaligen Fehlgriff seinen Arbeitsplatz verlieren.

Schon ein Brötchen reicht

Dabei spielt es keine Rolle, wie gering der Wert des entwendeten Eigentums ist. Eine Untergrenze gibt es nicht. Wenn eine Bäckerei­mit­ar­beiterin ein Brötchen mitgehen lässt, ist das genau so wenig erlaubt wie der reihenweise Diebstahl von Autositzen, mit dem eine Gruppe von BMW-Mitarbeitern ihrem Arbeitgeber vor einigen Jahren einen Millio­nen­schaden bereiteten.

Schon wer er einen Radiergummi mitnimmt oder sein Handy am Arbeitsplatz ohne Erlaubnis lädt, begeht nicht nur ein Eigentums­delikt, sondern verletzt auch seine arbeits­ver­trag­lichen Pflichten. Sehr häufig akzeptiert der Arbeitgeber solche kleineren Selbst­be­die­nungen oder belässt es bei mahnenden Worten. Gerade wenn die Stimmung zwischen Chef und Arbeit­nehmer ohnehin angespannt ist, reagieren Arbeitgeber auf ein solches Fehlver­halten aber nicht selten mit ersthaften arbeits­recht­lichen Konsequenzen.

Wann droht eine Kündigung?

„Die Folgen können in so einem Fall von einer Abmahnung bis zu einer fristlosen Kündigung reichen“, sagt die Arbeits­rechtlerin Dr. Oberthür. Schon bei sehr geringen Schadenshöhen kann der sofortige Rauswurf gerecht­fertigt sein. Die Frage, wann genau diese sogenannten Bagatell­kün­di­gungen gerecht­fertigt sind, beschäftigt immer wieder die Gerichte. Entscheidend ist im Verfahren dabei häufig, ob die Verfehlung die Kerntä­tigkeit des Arbeit­nehmers betrifft.

Vereinfacht ausgedrückt: Wenn ein Kassierer in die Kasse greift, wiegt das schwerer, als wenn er sich am Wasser­spender für die Kundschaft bedient. In einem bekannten Fall gab das Bundes­ar­beits­gericht bereits im Jahr 1984 einem Essener Warenhaus Recht, das einer Verkäuferin fristlos gekündigt hatte, weil sie ein Stück Bienenstich entwendet und verzehrt hatte. In diesem Fall sah das Gericht den Fehlgriff der Mitarbeiterin als besonders schwer­wiegend an, weil sie sich an einer Ware bedient hatte, die ihr als Verkäuferin unmittelbar anvertraut worden war.

Verdienste des Mitarbeiters spielen eine Rolle

Zudem können bei einer Kündigung wegen eines gering­fügigen Diebstahls in jedem Einzelfall auch andere Faktoren eine Rolle spielen – zum Beispiel das Verhalten des Arbeit­nehmers in der Vergan­genheit. Im berühmten „Fall Emily“ kassierte das Bundes­ar­beits­gericht im Jahr 2010 die Kündigung einer Kassiererin, die von Kunden vergessene Pfandbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte.

Laut Gericht hätte der Arbeitgeber hier zunächst mit einer Abmahnung reagieren müssen, da die Kassiererin sich vorher 31 Jahre lang nichts zu Schulden kommen ließ und das dabei erworbene Vertrauen nicht durch die einmalige Pflicht­ver­letzung aufgebraucht gewesen sei.

Je nach Einzelfall sind bei kleineren Diebstählen nach wie vor auch außeror­dentliche Kündigungen möglich – eine Abmahnung droht dem Arbeit­nehmer aber auf jeden Fall.

Um Diebstähle ihrer Mitarbeiter aufzudecken setzten viele Unternehmen auf eine Überprüfung von Mitarbeitern – zum Beispiel durch Videoüber­wachung. Was dabei zulässig ist, können sie hier nachlesen.

Sie benötigen rechtliche Beratung nach einer Kündigung oder einer Abmahnung? Hier finden Sie eine Anwältin oder einen Anwalt in Ihrer Nähe.

Datum
Aktualisiert am
22.01.2016
Autor
pst
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Themen
Abmahnung Arbeit Arbeit­nehmer Arbeitsplatz Kündigung

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