„Jetzt müssen sie dir aber eine ordentliche Abfindung zahlen!“ Aufmunternde Sprüche wie diesen hören Arbeitnehmer häufig von Kollegen und Freunden, wenn sie eine Kündigung erhalten. Die Ansicht, dass bei einem Rauswurf automatisch hohe Entschädigungszahlungen fließen, ist weit verbreitet.
Dieser Mythos mag auch darin gründen, dass Arbeitnehmer im deutschen Recht einen hohen Schutz genießen und in der Regel nicht wie in anderen Ländern ohne weiteres gefeuert werden können. Da liegt es nahe zu glauben, dass bei einer Kündigung automatisch ein großzügiges finanzielles Abschiedsgeschenk des Arbeitgebers fällig ist.
Kein genereller Anspruch auf Abfindung
Doch das Gerücht stimmt nicht: Arbeitnehmer haben bei einem vorzeitigen Ausscheiden keinen generellen Anspruch auf eine Abfindung. Ein solcher Anspruch würde auch kaum Sinn ergeben – schließlich sind Mitarbeiter in Deutschland durch das Kündigungsschutzgesetz ohnehin gegen willkürliche Entlassungen abgesichert.
Wenn ein Arbeitnehmer ohne triftigen Job gekündigt wird, muss seinen Chef nicht um eine Entschädigung bitten, sondern kann die Kündigung einfach vor Gericht anfechten – und seinen Job behalten. Mehr als 30 Prozent aller gekündigten Arbeitnehmer gehen nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) gerichtlich gegen Ihre Entlassung vor.
Viele Verfahren enden mit einem Vergleich
Dass trotzdem häufig Abfindungen gezahlt werden, hat praktische Gründe: Bei vielen Kündigungsschutzklagen haben beide Seiten kein wirkliches Interesse daran, dass Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Schließlich ist es für Chef und Mitarbeiter nicht einfach, zum Tagesgeschäft überzugehen, wenn man sich kurz zuvor noch vor Gericht gestritten hat.
Oft enden diese Gerichtsverfahren deshalb mit einem Vergleich: Statt aufwändig zu klären, ob die Kündigung rechtens war, zahlt der Arbeitgeber eine Abfindung und der Arbeitnehmer akzeptiert seine Entlassung. Diese Lösung ist häufig für beide Seiten attraktiver als ein langes Verfahren mit ungewissem Ausgang.
Aufhebungsverträge lohnen sich selten
Gelegentlich einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch ohne Beteiligung eines Gerichts – mit einem Aufhebungsvertrag. Dieser hat für den Arbeitnehmer zwar Nachteile, zum Beispiel bezüglich des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, kann die Trennung vom alten Job aber erheblich beschleunigen. Auch im Rahmen eines Aufhebungsvertrages kann eine Abfindung vereinbart werden – ebenfalls freiwillig und ohne gesetzlich definierte Ansprüche.
Die Höhe einer freiwillig vereinbarten Abfindung hängt entscheidend davon ab, wie energisch der Arbeitnehmer verhandelt. Es gibt zwar Faustformeln zur Berechnung der Abfindung, die sich aber mit etwas Geschick und einer guten Verhandlungsposition durchaus übertreffen lassen. Worauf Sie bei der Verhandlung der Abfindung achten sollten, können Sie hier nachlesen.
Anspruch auf Abfindung in Ausnahmefällen
Auch wenn es keine generelle gesetzliche Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung bei Kündigungen gibt, können Arbeitnehmer in Sonderfällen trotzdem einen Anspruch auf eine Abfindung haben – zum Beispiel, wenn es entsprechende Regelungen in einem Tarifvertrag gibt. Bei größeren Kündigungswellen oder Schließungen ganzer Betriebe setzt der Betriebsrat häufig Abfindungszahlungen durch, auf die dann ebenfalls alle Mitarbeiter Anspruch haben.
Seit 2004 steht Arbeitnehmern unter ganz bestimmten Umständen ebenfalls eine Abfindung zu: Wer betriebsbedingt gekündigt wird und freiwillig auf eine Klage verzichtet, hat gemäß § 1a des Kündigungsschutzgesetzes einen Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Das gilt allerdings nur, wenn der Arbeitgeber freiwillig diese Möglichkeit einräumt, indem er im Kündigungsschreiben darauf hinweist – und das passiert eher selten.
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