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Arbeits­ver­hältnis

Aufhebungs­vertrag: Nicht nur die Abfindung zählt

Ein Aufhebungsvertrag sollte nie ungeprüft unterzeichnet werden. © Quelle: corbisimages.com

Trennung in Frieden? Aufhebungs­verträge sind für Arbeit­nehmer nur selten eine gute Alternative zur Kündigung. Wer trotzdem unterzeichnet, sollte den Vertrag genau prüfen – und bei der Abfindung gut verhandeln.

Trennungen von Arbeit­gebern und Arbeit­nehmern sind oft schmerzhaft. Nicht selten wird über die Rechtmä­ßigkeit einer Kündigung in langen Prozessen gestritten. Aufhebungs­verträge stellen eine scheinbar friedliche Alternative dar: Beide Seiten einigen sich einver­nehmlich, das Arbeits­ver­hältnis zu beenden.

Wer von seinem Arbeitgeber einen Aufhebungs­vertrag vorgelegt bekommt, sollte ihn allerdings keinesfalls ungeprüft unterschreiben. Denn im Vergleich zu einer Kündigung bestehen für Arbeit­nehmer klare Nachteile: Die Arbeits­agentur wertet die Unterzeichnung eines Aufhebungs­ver­trages in der Regel als Mitwirkung an der Beendigung des Arbeits­ver­hältnis. Ausnahmen gelten nur, wenn der Arbeit­nehmer einen wichtigen Grund dafür vorweisen kann, dass er freiwillig gegangen ist – zum Beispiel, um einer rechtmäßigen betriebs­be­dingten Kündigung zu entgehen und sich eine Abfindung zu sichern. Liegt kein wichtiger Grund vor, droht das Ruhen des Anspruchs auf Arbeits­lo­sengeld I wegen einer Sperrzeit von bis zu 12 Wochen. In dieser Zeit erhält man keine Leistungen und zahlt auch nicht in die Renten­ver­si­cherung ein. Darüber hinaus mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeits­lo­sengeld – bei einer Sperrzeit von 12 Wochen mindestens um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen grundsätzlich zusteht.

Manchmal kann es trotzdem sinnvoll sein, einem Kündigungs­vertrag zuzustimmen. „Ein Aufhebungs­vertrag kann für Arbeit­nehmer dann sinnvoll sein, wenn sie bereits eine andere Beschäf­tigung in Aussicht haben und möglichst schnell ihr bisheriges Arbeits­ver­hältnis beenden wollen“, sagt der Rechts­anwalt Jakob T. Lange vom Deutschen Anwalt­verein (DAV).

Urteil: Keine Sperrzeit trotz Aufhebungs­vertrag

Selbst langjährige Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit schützt Mitarbeiter nur bedingt vor einer Kündigung. Das kann in bestimmten Situationen aber auch von Vorteil sein. Zum Beispiel dann, wenn sich ein Arbeit­nehmer, dessen Unternehmen weitrei­chende Rationa­li­sie­rungs­maß­nahmen durchläuft, für Aufhebungs­vertrag und Abfindung entscheidet. Das besagt eine entspre­chende Entscheidung des Bayerischen Landess­so­zi­al­ge­richts (LSG) (AZ: L 9 AL 42/10).

Der Fall: Ein Service-Techniker erfuhr nach 37 Jahren Tätigkeit bei einem Unternehmen, das sein Geschäfts­bereich weitrei­chende Rationa­li­sie­rungs­maß­nahmen durchlaufen würde. Aufgrund seines Alters und der langen Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit war der Mitarbeiter laut Tarifvertrag unkündbar. Er entschied sich trotzdem für eine Abfindung und wechselte für zwei Jahre in eine eingerichtete Transfer-Einheit. Als er anschließend Arbeits­lo­sengeld beantragte, stellte die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit fest. Der Mann habe das unbefristete, unter Kündigungs­schutz stehende Arbeits­ver­hältnis gelöst, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.

Das sah das Gericht anders und hob die Sperrzeit auf. In der Tat habe der Mann einen solchen wichtigen Grund gehabt. Der Arbeitgeber hätte ihm nämlich spätestens zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Transfer-Einheit rechtmäßig kündigen dürfen. Das gelte trotz der „tariflichen Unkünd­barkeit“, weil das Arbeits­ver­hältnis fristge­bunden aus wichtigem Grund hätte beendet werden können. Die Zahlung einer Abfindung allein dürfe nicht der Grund für eine Sperrzeit sein.

Es gibt eine Reihe von Gerichts­ent­schei­dungen, die ähnlich wie das Bayerische LSG argumen­tieren: Arbeit­nehmer dürfen, ohne ein Sperrzeit befürchten zu müssen, dann das Arbeits­ver­hältnis beenden, wenn alternativ eine rechtmäßige Arbeit­ge­ber­kün­digung spätestens zum gleichen Beendi­gungs­zeitpunkt gedroht hätte.

Was im Aufhebungs­vertrag stehen sollte

Der Aufhebungs­vertrag sollte in jedem Fall individuell mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden und folgende Punkte genau regeln:

  • Zeitpunkt: Wann genau endet das Arbeitsverhältnis?
  • Begründung: Warum trennen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
  • Arbeitszeugnis: Welche Benotung erhält der Arbeitnehmer? Auch hierrüber kann verhandelt werden. 
  • Freistellung: Muss der Arbeitnehmer bis zum letzten Arbeitstag anwesend sein oder wird er für die restliche Zeit freigestellt?
  • Vergütung: Hat der Arbeitnehmer trotz seines Ausscheidens Anspruch auf Sonderzahlungen wie Prämien oder Weihnachtsgeld?
  • Urlaub: Wie werden bestehende Urlaubsansprüche abgegolten beziehungsweise durch eine Freistellung erfüllt?
  • Abfindung: Ob und in welcher Höhe der Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, ist oft die wichtigste Frage bei den Verhandlungen um einen Aufhebungsvertrag.

Abfindung: Das sind Ihre Ansprüche

Entgegen anders­lau­tender Gerüchte haben Arbeit­nehmer bei einem vorzeitigen Ausscheiden keinen generellen Anspruch auf eine Abfindung. Auch diese muss im Rahmen des Aufhebungs­ver­trages verhandelt werden.

Die Höhe der Abfindung kann dabei sehr unterschiedlich sein. „Als grobe Faustformel zur Berechnung der Abfindung legt man zunächst ein halbes durchschnitt­liches Brutto­mo­nats­gehalt pro Jahr der Betriebs­zu­ge­hö­rigkeit zugrunde. Diese Formel verschiebt sich zu Gunsten des Arbeit­nehmers je besser seine Chancen sind den Arbeitsplatz zu behalten“, sagt Rechts­anwalt Jakob T. Lange. Wer zehn Jahre in einem Betrieb gearbeitet hat, würde damit fünf Monats­ge­hälter Abfindung erhalten. Allerdings gibt es je nach Branche große Abweichungen. „In der Chemie­in­dustrie oder der Finanz­branche werden in der Regel deutlich höhere Abfindungen gezahlt,als in anderen Branchen“, so Jakob T. Lange.

Die Höhe der Abfindung ist immer auch eine Frage des persön­lichen Verhand­lungs­ge­schicks. „Grundsätzlich empfiehlt es sich, bei den Verhand­lungen deutlich zu machen, dass man den Arbeitsplatz unbedingt behalten will – auch wenn man bereits einen neuen Job in Aussicht hat“, empfiehlt Rechts­anwalt Lange.

Vom Abfindungs­vertrag zu unterscheiden ist übrigens der Abwick­lungs­vertrag. Dieser wird aufgesetzt, wenn eine Kündigung bereits ausgesprochen und vom Arbeit­nehmer akzeptiert wurde, und regelt die genaueren Umstände der Trennung. Auch hier kann eine Abfindung vereinbart werden.

Datum
Aktualisiert am
28.10.2016
Autor
pst
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Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Arbeitsplatz Arbeits­zeugnis Kündigung

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