Kein Gesetz zwingt Unternehmen, die Daten von Mitarbeitern zu erheben, um sie mit Terrorlisten abzugleichen. Ganz im Gegenteil: Daten zu erheben, sie zu speichern und an Dritte herauszugeben, ist Unternehmen zunächst untersagt. Der Gesetzgeber sieht allerdings Ausnahmen von diesem Verbot vor. So ist die Verarbeitung von Mitarbeiterdaten gestattet, wenn es dazu eine Erlaubnis gibt und der Arbeitgeber die Weitergabe rechtfertigen kann. Darunter fällt bei einem Verdacht auch die Herausgabe der Daten an Dritte.
Screening von Mitarbeitern bei Terrorgefahr legitim
Zur Terrorismusbekämpfung – wie sich Autobauer Daimler gegenüber seinen Mitarbeitern rechtfertigt – ist das sogenannte Terrorscreening von Arbeitnehmern zulässig. So heißt es im Bundesdatenschutzgesetz, dass die Verarbeitung von Daten dann gestattet ist, wenn sie der öffentlichen Sicherheit dient – also Gefahren abgewendet werden müssen.
Darüber hinaus können sich Unternehmen wie Daimler aber auch auf Rechtsakte der Europäischen Union stützen: zum Beispiel auf die sogenannte „Taliban-Verordnung“ – eine Reaktion auf die Anschläge des 11. Septembers 2001 in den USA. Darin sieht der Europäische Rat vor, Finanzmittel wie etwa Arbeitslöhne von Terrorverdächtigen einzufrieren, um zu verhindern, dass derlei Gelder im Dunstkreis des Terrors ankommen. Steht ein Arbeitnehmer hierzulande also unter Terrorverdacht, ist sein Vorgesetzter angehalten, Gehaltszahlungen an ihn zu stoppen.
Sanktionen für Unternehmen, die Mitarbeiter nicht mit Terrorlisten abgleichen?
Vor allem global aufgestellte Konzerne setzt das unter Zugzwang. Kommen Unternehmen dem sogenannten Terrorscreening ihrer Mitarbeiter nicht nach, laufen sie auf den ersten Blick Gefahr, dafür sanktioniert zu werden.
Implizit scheinen Unternehmen angehalten zu sein, ihre Mitarbeiter mit Terrorlisten abzugleichen. Daimler etwa gleicht den Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift seiner Arbeitnehmer mit internationalen Sanktionslisten ab und hat das mit einer Konzernbetriebsvereinbarung verankert.
Bafin greift bei Terrorscreening vor und sperrt Konten Verdächtiger
Allerdings bleibt fraglich, ob Unternehmen tatsächlich angehalten sind, selbst aktiv Mitarbeiter zu überprüfen oder in ansonsten Konsequenzen drohen. Letztlich greift die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) hier nämlich bereits vor: Das Institut lässt die Bankkonten Terrorverdächtiger sperren. Deren finanzielle Mittel wären insoweit ohnehin eingefroren und zwar auch ohne, dass ein die Verdächtigen beschäftigendes Unternehmen intervenieren würde.
Datenschützer zweifeln Abgleich von Mitarbeiterdaten mit US-Terrorlisten an
Während der Abgleich von Mitarbeiterdaten mit EU-Listen unterdessen unstrittig ist, sehen Datenschützer ein Problem beim Screening anhand von US-Terrorlisten. Problematisch befinden Juristen hier, dass sich Terrorverdächtige dagegen nur entgegen sehr hoher Hürden wehren können. Steht jemand etwa unberechtigter Weise auf einer EU-Terrorliste, bleibt ihm einzig die Option, sich an den Europäischen Gerichtshof zu wenden.
Übrigens sind nicht nur die Arbeitnehmer privatwirtschaftlicher Unternehmen vom Terrorscreening betroffen. Auch im öffentlichen Dienst, so urteilte der Bundesfinanzhof 2012, dürfen Daten abgeglichen werden, wenn es sich um „sicherheitsrelevante Bereiche“ wie etwa dem Zoll handelt.
Nicht nur Terrorgefahr rechtfertigt die Herausgabe von Mitarbeiterdaten
Nun rechtfertigt aber nicht nur die Terrorgefahr den Abgleich und die Herausgabe von Mitarbeiterdaten. Ein Beispiel: „Auch an den Steuerberater dürfen Unternehmen im Rahmen einer Auftragsdatenverarbeitung die Daten ihrer Arbeitnehmer herausgeben“, sagt Rechtsanwältin Oberthür. Das sei ein gerechtfertigter Eingriff in den Datenschutz und deshalb gestattet.
Konsequenzen für die Mitarbeiter bei Daimler
Daimler-Mitarbeiter müssen nicht nur damit rechnen, dass ihr Gehalt eingefroren wird, wenn sich herausstellt, dass sie auf einer der kontrollierten Terrorlisten stehen. In seiner Betriebsvereinbarung schreibt der Autobauer auch, dass er einen solchen Arbeitnehmer freistellen würde.
Eigentlich ist im deutschen Arbeitsrecht nämlich verankert, dass einem Mitarbeiter weiter Lohngezahlt werden muss, wenn ihn sein Vorgesetzter von der Arbeit entbindet. Nur solange ein Mitarbeiter selbst um die Freistellung bittet, ist sein Chef nicht angehalten, weiter Gehalt zu zahlen.
Eine Freistellung sehen Juristen unterdessen ohnehin kritisch: Während ein einbehaltenes Gehalts in einem solchen Fall unstrittig wäre, müsste über eine Freistellung im einzelnen Fall entschieden werden. Aus der EU-Verordnung geht lediglich hervor, dass dem betreffenden Mitarbeiter keine finanziellen Mittel mehr zukommen dürfen. Eine pauschale Freistellung vom Dienst habe der Europäische Rat hingegen nicht vorgesehen.
Wie sich Mitarbeiter über gesammelte Daten informieren können
Arbeitnehmer haben zu jeder Zeit einen Anspruch darauf, ihre Personalakte einzusehen“, sagt Rechtsanwältin Oberthür. Würden sich darin dann Daten finden, die ohne Rechtfertigung gesammelt worden seien, hätten Mitarbeiter immer den Anspruch, diese löschen zu lassen.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 15.01.2015
- Autor
- kgl