Jeder weiß: Dauerhafter, starker Lärm kann der Gesundheit und dem Gehör schaden. Ob ein solcher Schaden aber als „Berufskrankheit“ eingestuft wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Diese Faktoren lassen sich am Beispiel eines Falles darstellen, der dem Landessozialgericht Baden-Württemberg vorlag.
Danach erkrankte ein 48-jähriger Ingenieur, der seit rund 15 Jahren in einem Großraumbüro beschäftigt war, an beiden Ohren an Tinnitus und einer leichten Hörminderung im Hochtonbereich. Er meinte, seine Tätigkeit in dem Großraumbüro habe die Schwerhörigkeit verursacht und wollte die Anerkennung und Entschädigung der Erkrankung als Berufskrankheit erreichen.
In dem Büro wurde eine Lärmbelastung zwischen 50 dB und 65 dB gemessen. Ein von der Berufsgenossenschaft eingeschalteter ärztlicher Sachverständiger kam zum Ergebnis, dass diese Lärmbelastung viel zu gering sei, um die Erkrankung zu verursachen. Die Hörminderung des Mannes sei für sein Alter nicht ungewöhnlich. Außerdem litten in Deutschland drei bis vier Millionen Menschen unter Ohrgeräuschen, die von unterschiedlichsten Ursachen herrührten. Unter Berufung auf dieses Gutachten lehnte die Berufsgenossenschaft die Anerkennung einer Berufskrankheit ab.
Schwerhörigkeit als Berufskrankheit?
Dagegen zog der Mann erfolglos vor Gericht. Bereits das Sozialgericht Stuttgart hatte die Anerkennung der bestehenden Erkrankung als Berufskrankheit abgelehnt. Das bestätigte das Landessozialgericht. Nach Auffassung der Richter ist nicht jede Erkrankung auch eine Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung. Es komme darauf an, ob die berufliche Tätigkeit die Ursache für den Gesundheitsschaden sei. Im vorliegenden Fall sei der für eine Lärmschwerhörigkeit notwendige Dauerschallpegel bei weitem nicht erreicht worden.
Eine sogenannte Lärmschwerhörigkeit könne sich nur bei einer hohen und lang andauernden Lärmbelastung entwickeln. Erforderlich hierfür sei eine Lärmbelästigung von mehr als 85 dB(A) als Dauerschallpegel bei einem Achtstundentag über viele Arbeitsjahre hinweg. Der Ingenieur sei im Großraumbüro keiner derartigen Lärmeinwirkung ausgesetzt gewesen (AZ: L 6 U 4089/15).
- Datum
- Aktualisiert am
- 23.05.2016
- Autor
- dpa/tmn