
Eingeschränkte Bewegung, unruhige Nächte, ein sich veränderndes Essverhalten: Schwangere Frauen müssen mit einigen körperlichen Beeinträchtigungen leben. Doch wenigstens sorgt der Gesetzgeber dafür, dass das Berufsleben nicht noch zusätzlich stresst.
Dafür hat der Gesetzgeber das "Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter" verabschiedet, kurz Mutterschutzgesetz, genannt. Das Gesetz stammt n seiner ursprünglichen Fassung von 1952.
Schwangere Arbeitnehmerin: Welche Vorgaben gelten bei Beschäftigungsverboten und Arbeitsverboten?
Zentral hierin sind zunächst die meist als Mutterschaftsurlaub bezeichneten Beschäftigungsverbote. Demnach dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, wenn nach einem ärztlichen Attest das Leben oder die Gesundheit von der Mutter oder dem Kind gefährdet sind. Dieses individuelle Beschäftigungsverbot kann auch dann greifen, wenn gar keine konkrete Erkrankung der Mutter vorliegt, wohl aber bei weiterer Ausübung der Tätigkeit die Gefahr dazu besteht. Gelten kann es ab dem Moment, in dem die Schwangerschaft bekannt wird.
Beschäftigungsverbot für Schwangere: sechs Wochen vor, acht Wochen nach der Geburt
Unabhängig davon gilt für alle Schwangeren: Sechs Wochen vor der prognostizierten Geburt dürfen sie nicht mehr zur Arbeit kommen, es sei denn, dass die Angestellte sich explizit dazu bereit erklärt. „Tritt dieser Fall ein, kann sie aber jederzeit die Arbeit niederlegen“, erklärt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Zudem dürfen frisch gebackene Mütter acht Wochen nach der Geburt ihren Job nicht ausüben, bei Früh- oder Mehrlingsgeburten sind es sogar zwölf Wochen. Selbstverständlich müssen sie auch nach Ablauf dieser acht Wochen nicht wieder zur Arbeit kommen. Diese Elternzeit kann bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kinds verlangt und zwischen Mutter und Vater aufgeteilt werden.
Beschäftigungsverbot für Mütter behinderter Kinder: Wie lange ist die Schutzfrist?
Die Schutzfrist für Mütter behinderter Kinder wird mit der Reform des Mutterschutzgesetzes im Jahr 2017 von acht auf zwölf Wochen verlängert. Die Politik begründet dies mit der besonderen körperlichen und psychischen Belastung von Mütter von Kindern mit Behinderung (siehe zu der Reform des Mutterschutzes auch den Info-Kasten).
Neue Mutterschutz-Regeln ab 2018
Der Gesetzgeber hat die Regeln zum Mutterschutz reformiert, im Mai 2017 hat der Bundesrat der Reform zugestimmt. Dabei wird der ganz überwiegende Teil der neuen Vorgaben aber erst ab 1. Januar 2018 greifen. Nur die neue Schutzfrist nach der Geburt eines behinderten Kindes sowie ein Kündigungsschutz nach einer Fehlgeburt greifen bereits 2017, unmittelbar nach Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt (siehe nebenstehenden Text).
Nach den neuen Vorgaben zum Mutterschutz, die ab Anfang 2018 gelten, können auch Schülerinnen und Studentinnen Mutterschutz in Anspruch nehmen.
Ab 2018 soll es für Schwangere keine Arbeitsverbote mehr gegen ihren Willen geben - es sei denn, ein ärztliches Attest spricht gegen die Weiterbeschäftigung einer schwangeren Arbeitnehmerin. Die Möglichkeit der Sonntagsarbeit wird für werdende Mütter ebenfalls erweitert, falls die Betroffene das möchte.
Es bleibt aber auch ab 2018 bei der sechswöchigen Schutzfrist vor der Geburt, in der die werdende Mutter nicht mehr arbeiten muss. Auch am achtwöchigen Beschäftigungsverbot nach der Entbindung wird grundsätzlich nicht gerüttelt. Allerdings sollen Ausnahmen möglich sein - etwa wenn etwa eine Studentin kurz nach der Entbindung freiwillig eine wichtige Klausur schreiben möchte.
Mutterschutz: Krankenkasse zahlt anteilig das Gehalt
Da der Arbeitgeber angehalten ist, den Schutz der Mutter und des ungeborenen Kindes zu achten, bekommt er anderweitig Entlastung. Zwar steht Müttern, die nicht mehr arbeiten dürfen, die Fortzahlung des Entgelts zu. Einen Teil der Bezahlung übernimmt dabei aber die jeweilige Krankenkasse.
Das Mutterschutzgeld der Krankenkasse beträgt je nach vorigem Gehalt bis zu 13 Euro pro Kalendertag bei festangestellten Schwangeren, der Arbeitgeber stockt es dann bis zur Höhe des Nettogehalts auf. Dieses wiederum errechnet sich aus dem durchschnittlichen Nettogehalt der letzten drei Monate vor Beginn des Mutterschutzes.
Wer zudem länger als acht beziehungsweise zwölf Wochen bei seinem Kind zu Hause bleiben möchte, erhält dann Elterngeld. An dieser Sozialleistung ist der Arbeitgeber finanziell nicht beteiligt.
Kündigung bei Schwangerschaft: erlaubt?
Auch zum Thema Kündigung in der Schwangerschaft sieht das Mutterschutzgesetz Regelungen vor. Demnach dürfen Angestellte ab dem Beginn der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Entbindung nicht gekündigt werden.
Sollte eine Kündigung zu einem Zeitpunkt ausgesprochen werden, zu dem die Frau zwar bereits schwanger ist, der Arbeitgeber davon aber nichts wusste, hat die betroffene Angestellte zwei Wochen nach Zugang der Kündigung Zeit, ihrem Chef das mitzuteilen. Auch in diesem Fall erhält sie rückwirkend Kündigungsschutz.
Rechtsanwältin Oberthür erklärt, was für Arbeitgeber immer gilt, die Schwangere kündigen wollen. „Sie müssen sich die Zustimmung der Aufsichtsbehörde hierzu einholen. Und diese Zustimmung ist sehr schwierig zu bekommen.“ Denkbar sei dies bei Betriebsschließungen in Folge einer Insolvenz.
Auch für die Probezeit gilt: Schwangere genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Ein Beispiel: Wer nach zwei Wochen des Beschäftigungsbeginns von seiner Schwangerschaft erfährt, hat im Prinzip die Probezeit bereits überstanden. „Eine Ausnahme besteht, wenn es sich um eine befristete Probezeit handelt“, so Arbeitsrechtsexpertin Oberthür.
Nach Fehlgeburt: Können Arbeitnehmerinnen gekündigt werden?
Für Frauen nach einer Fehlgeburt wird mit der Reform des Mutterschutzgesetzes ein Kündigungsschutz eingeführt. Der Kündigungsschutz greift dann, wenn die Frau eine Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche erlitten hat.
Vorstellungsgespräch: Eine Schwangerschaft muss nie erwähnt werden
„Nach einer Schwangerschaft darf der potenzielle Arbeitgeber nie fragen“, sagt Nathalie Oberthür. Das sei selbst dann so, wenn es um einen Arbeitsplatz geht, der für Schwangere nicht geeignet sei. Somit ist es eine Entscheidung der Bewerberin, inwiefern sie ihren möglichen neuen Chef davon in Kenntnis setzt.
Beschäftigungsverbot im neuen Job: Schwangere bekommt Lohn, ohne zu arbeiten
Spricht der Arzt einer Schwangeren ein Beschäftigungsverbot aus, muss der Arbeitgeber ihr trotzdem Gehalt zahlen - auch, wenn sie in ihrem Job noch gar nicht gearbeitet haben. Das geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg hervor (AZ: 9 Sa 917/16)
In dem verhandelten Fall sollte eine Frau ab dem 1. Januar 2016 einen neuen Job antreten. Sie erhielt jedoch ab Dezember 2015 ein ärztliches Beschäftigungsverbot, der Arzt hatte eine Risikoschwangerschaft festgestellt. Sie forderte aufgrund von Paragraf 11 des Mutterschutzgesetzes nun den Lohn, den sie ab Januar 2016 erhalten hätte. Der Arbeitgeber weigerte sich zu zahlen.
Ohne Erfolg: Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sprach der Frau ihren Lohn zu. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt bei einem Beschäftigungsverbot setze keine vorherige Arbeitsleistung voraus. Außerdem erhalte der Arbeitgeber den gezahlten Lohn aufgrund des Umlageverfahrens von den Krankenkassen erstattet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision zum Bundesarbeitsgericht ist zugelassen.
Beförderung kurz vor Mutterschutz: Stelle muss bei Rückkehr verfügbar sein
Wird eine Frau befördert und wird dann schwanger, bevor sie die neue Stelle antreten kann, hat sie bei ihrer Rückkehr in den Job Anspruch auf die neue oder eine gleichwertige Stelle. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 7. September 2017 in Luxembourg entschieden (Rechtssache C-174/16).
Im zugrundeliegenden Fall ging es um einen Beamtin in Berlin, die auf eine Leitungsstelle befördert wurde. Kurz darauf ging sie in Mutterschutz und anschließend in Elternzeit. Als sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte, war die Leitungsstelle mit einer anderen Person besetzt. Die Berliner Senatsverwaltung, ihr Arbeitgeber, wollte sie wieder auf ihre alte Stelle zurückschicken: Die Leitungsstelle hätte in der Zwischenzeit nicht vakant bleiben, sondern habe besetzt werden müssen. Die Frau klagte, weil sie sich diskriminiert fühlte – zu Recht, wie der EuGH entschieden hat. Der Arbeitgeber muss ihr die leitende oder eine vergleichbare Position zur Verfügung stellen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 11.09.2017
- Autor
- ndm/dpa/tmn/red