Auszubildende sind schwer kündbar. Das liegt daran, dass der Gesetzgeber den meist jungen Lehrlingen ermöglichen will, ihre Ausbildung zu beenden. Daher wird es, je weiter ein Auszubildender sich in seiner Lehre befindet und je näher deren Ende rückt, auch schwerer, ihn zu entlassen. Festgelegt sind diese hohen Hürden im Berufsbildungsgesetz (BBiG), sie haben sich aber auch durch die Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte etabliert.
„Nach dem Ende der Probezeit stehen Auszubildende unter besonderem Kündigungsschutz“, betont der Wiesbadener Rechtsanwalt Jakob T. Lange von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Daher könne ein Arbeitgeber, also der Ausbilder, einem Lehrling nur dann außerordentlich und fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliege. „Ansonsten kommt eine Kündigung nicht in Betracht.“
Der Deutsche Gewerkschaftsbund weist in einer Broschüre darauf hin, dass ein Lehrling zum Beispiel dann fristlos gekündigt werden kann, wenn er im Unternehmen etwas stiehlt. Auch etwa rassistischen und nationalsozialistischen Äußerungen oder Handlungen kann eine fristlose Kündigung folgen. Damit müssen auch Auszubildende etwa im Nachbarland Österreich rechnen. Wie Medien am Wochenende berichteten, hat das Unternehmen Porsche einen seiner Lehrlinge umgehend gekündigt, nachdem dieser einen fremdenfeinlichen Kommentar auf Facebook gepostet hatte.
Für deutsche Auszubildende hingegen sieht die Rechtslage etwas anders aus. Denn sie können ordentlich kündigen, müssen nach dem BBiG aber eine Frist von vier Wochen einhalten.
Verdachtskündigung und Ausbildungsverhältnis
Lange Zeit war es umstritten, ob Verdachtskündigungen im Ausbildungsverhältnis zulässig sind. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zum Beispiel hat im Sommer 2007 den Standpunkt vertreten, dass eine solche Kündigung nur in bestimmten Ausbildungsverhältnissen möglich ist. Damals urteilten die Richter, dass die Verdachtskündigung einer Auszubildenden nicht gerechtfertigt sei. Ihr warf der Arbeitgeber vor, in der Ausbildung Geld unterschlagen zu haben.
In ihrem Urteil betonten die Richter Urteil, dass eine Verdachtskündigung in einem Ausbildungsverhältnis nur dann möglich sei, wenn „der besondere Charakter des Ausbildungsverhältnisses eine vertiefte Vertrauensbasis zwischen den Vertragspartnern erfordere“ (AZ: 9 SA 40/07).
Verdachtskündigung eines Auszubildenden vor dem Bundesarbeitsgericht
Diese besondere Vertrauensbasis spielte auch in einem Urteil eine Rolle, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) diesen Februar gefällt hat.Dabei bestätigten die höchsten deutschen Arbeitsrichter die Verdachtskündigung eines Auszubildenden (6 AZR 845/13).
Den Richtern lag der Fall eines ehemaligen Auszubildenden einer Bank vor, den sein Arbeitgeber verdächtigte, dort 500 Euro unterschlagen zu haben. Den Verdacht begründete der Arbeitgeber unter anderem damit, dass der Azubi in einer Anhörung zu den Vorwürfen Wissen gezeigt habe, das er nur haben könne, wenn er das Geld entwendet hätte, sogenanntes Täterwissen. Die Bank kündigte dem Azubi fristlos.
Das sah nicht nur das BAG als gerechtfertigt an, sondern auch die Vorinstanzen, das Arbeitsgericht Trier und das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (AZ: 2 CA 994/11 und AZ:2 SA 490/12).
Kündigung von Auszubildenden in der Probezeit
Der besondere Kündigungsschutz von Lehrlingen gilt nicht in der Probezeit, was dazu führt, dass in dieser Zeit ein Ausbilder einem Auszubildenden sehr leicht kündigen kann. „Der Ausbilder muss dazu noch nicht einmal Fristen beachten – sofern der Berufsausbildungsvertrag keine davon abweichenden Regeln enthält“, sagt der Arbeitsrechtsexperte Jakob T. Lange. Wie lange die Probezeit dauert, regelt das BBiG. Sie beträgt einen Monat bis maximal vier Monate.
Der Ausbilder steht aber unter einem sogenannten Maßregelungsverbot. Er darf einen Auszubildenden also nicht allein deshalb vor die Tür setzen, weil dieser auf Rechte pocht, die ihm zustehen und etwa fordert, dass im Unternehmen das Jugendarbeitsschutzgesetz eingehalten werden muss. Zudem darf der Ausbilder einem Lehrling auch dann nicht kündigen, wenn sich dieser im Mutterschutz oder in der Elternzeit befindet.
Auszubildende können während der Probezeit kündigen, ohne sich an Fristen halten zu müssen.
Kündigung von Auszubildenden vor Beginn der Ausbildung
Doch nicht nur während der Probezeit können beide Seiten leicht kündigen. Das gilt auch, bevor die Ausbildung überhaupt begonnen hat, wie das BBiG festlegt und auch das Bundesarbeitsgericht 1987 in einem Urteil klargestellt hat (AZ: 2 AZR 654/86).
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.07.2015
- Autor
- ime