1. Was genau regelt die Probezeit?
„Die Probezeit dient dem gegenseitigen Kennenlernen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber“, sagt Rechtsanwalt Reinhard Schütte von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Der Arbeitnehmer kann herausfinden, ob er sich im neuen Job wohl fühlt, der Arbeitgeber erhält einen Eindruck, ob der Mitarbeiter seinen Aufgaben gewachsen ist.
Der Begriff Probezeit kann unterschiedliche Bedeutungen haben. Es gibt befristete Arbeitsverhältnisse „aus Gründen der Erprobung“, die zu einem fest vereinbarten Datum enden. Aber auch bei „normalen“, also unbefristeten Arbeitsverhältnissen, ist im Arbeitsvertrag in der Regel eine Probezeit von drei bis sechs Monaten vereinbart.
Die entscheidende Einschränkung während der Probezeit liegt in der kürzeren Kündigungsfrist: Sie beträgt mindestens zwei Wochen. Sonst sind gesetzlich mindestens vier Wochen vorgeschrieben – viele Arbeitsverträge enthalten außerhalb der Probezeit aber längere Kündigungsfristen.
2. Welche Auswirkungen hat die Probezeit auf den Kündigungsschutz?
Entgegen der landläufigen Meinung hat die Probezeit mit dem gesetzlichen Kündigungsschutz nichts zu tun. Das Kündigungsschutzgesetz legt fest, dass der Arbeitgeber eine Kündigung nur aus bestimmten Gründen aussprechen darf. Dieser Schutz greift erst nach einer sechsmonatigen Wartezeit – unabhängig von der Probezeit.
„Wenn die Probezeit beispielsweise drei Monate beträgt, genießt der Arbeitnehmer auch nach Ende der Probezeit noch keinen Kündigungsschutz“, so der Arbeitsrechtler Reinhard Schütte. Anders herum ist es genauso: Ist beispielsweise eine neunmonatige Probezeit vereinbart, kann der Arbeitnehmer trotzdem nach sechs Monaten nicht mehr grundlos gekündigt werden.
3. Wie lang darf die Probezeit sein?
In der Regel dauert die Probezeit nicht länger als sechs Monate – ab diesem Zeitpunkt greift in jedem Fall auch der gesetzliche Kündigungsschutz (s.o.). In Einzelfällen kann aber auch eine längere Probezeit vereinbart werden. „Das betrifft vor allem sehr anspruchsvolle Tätigkeiten, bei denen auch nach einigen Monaten noch nicht eindeutig zu sagen ist, ob der Arbeitnehmer die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt“, so Reinhard Schütte vom DAV.
Hat sich ein Arbeitgeber nach mehreren Monaten Probezeit noch nicht entschieden, ob ein Arbeitnehmer übernommen werden sol oder nicht, lässt sich die Probezeit auch verlängern - zumindest theoretisch. Die Kriterien dafür sind aber äußerst eng. Möglich ist eine Verlängerung zum Beispiel, wenn ein Arbeitnehmer in der Probezeit so lange krank war, dass der Arbeitgeber seine Eignung für das Unternehmen nicht prüfen konnte. In solchen Fällen gilt die reguläre Kündigungsfrist, eine "Probezeitkündigung" ist nicht möglich.
4. Hat man in der Probezeit Anspruch auf Urlaub?
„Nach dem Bundesurlaubsgesetz erwirbt ein Arbeitnehmer den vollen Urlaubsanspruch erst nach sechs Monaten“, sagt der Arbeitsrechtler Reinhard Schütte. Erst nach dieser Zeit besteht die Möglichkeit, den vollen Jahresurlaub auszuschöpfen. Man kann also nicht nach zwei Monaten im neuen Job schon drei Wochen Urlaub nehmen.
Ein generelles Urlaubsverbot in der Probezeit ist trotzdem nicht zulässig. Denn rein rechtlich erwirbt man jeden Monat 1/12 des Jahresanspruches auf Urlaub. Diesen kann man auch in der Probezeit schon nehmen. Der Arbeitgeber darf den Urlaub dann nur aus zwingenden betrieblichen Gründen verweigern, zum Beispiel wenn bereits viele andere Kollegen fehlen.
Nimmt man während der ersten sechs Monate keinen Urlaub, kann man diesen selbstverständlich später nachholen. Auch wenn man während der Probezeit gekündigt wird, besteht das Recht, noch ausstehenden Resturlaub in Anspruch zu nehmen. Da die gesetzliche Kündigungsfrist während der Probezeit mindestens zwei Wochen beträgt, bleibt dafür in der Regel auch bei einer Kündigung am letzten Tag der Probezeit ausreichend Zeit.
5. Was gilt, wenn vor dem eigentlichen Arbeitsverhältnis schon ein Praktikum absolviert wurde? Wird es auf die Probezeit angerechnet?
Beim Übergang von einem Praktikum oder Traineeship in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis ist es durchaus zulässig, eine neue Probezeit zu vereinbaren. Anders sieht es beim Kündigungsschutz aus. Hier ist allein entscheidend, dass beim selben Arbeitgeber mehr als sechs Monate lang ein Arbeitsverhältnis bestand. Wer also beispielsweise ein einjähriges Traineeship absolviert und im Anschluss unbefristet übernommen wird, genießt vom ersten Tag an den Kündigungsschutz.
Umstritten ist die Frage, ob zum Beispiel auch „Schnuppertage“ und „freiwillige“ Probearbeit als Arbeitsverhältnis gelten und somit angerechnet werden können. „In der Regel geht die Rechtsprechung davon aus, dass ein Arbeitsverhältnis immer dann besteht, wenn konkrete Arbeitsanweisungen erteilt werden“, so der Arbeitsrechtler Reinhard Schütte.
- Datum
- Aktualisiert am
- 24.05.2018
- Autor
- pst/red