Die Debatte um Flüchtlinge bringt Verstörendes hervor – zum Beispiel die zahlreichen beleidigenden, rassistischen und möglicherweise sogar volksverhetzenden Äußerungen über Flüchtlinge und Migranten in den Kommentarspalten von Online-Medien und in sozialen Netzwerken, die die Verfasser oft sogar unter ihren Klarnamen schreiben.
Doch die Sicherheit, in der sich viele dieser Kommentatoren wiegen, kann trügen. Denn sich öffentlich beleidigend, rassistisch oder volksverhetzend über Flüchtlinge oder Migranten zu äußern, könnte arbeitsrechtliche Folgen mit sich bringen.
Erfahren musste das im Sommer 2015 zum Beispiel ein österreichischer Auszubildender, der auf Facebook einen Beitrag über Flüchtlinge kommentiert und unter das Fotos eines syrische Mädchens geschrieben hatte: „Flammenwerfer währe (sic!) da die bessere Lösung.“ Sein Arbeitgeber, das Unternehmen Porsche, kündigte ihm daraufhin fristlos.
Eine solche Kündigung könnte auch nach deutscher Rechtslage möglich sein. Auszubildende stehen hierzulande nach der Probezeit zwar unter besonderen Kündigungsschutz, doch der Arbeitgeber muss deshalb nicht jede ihrer Handlungen oder Äußerungen akzeptieren. So weist etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in einer Broschüre für Auszubildende darauf hin, dass Lehrlinge wegen schwerwiegender Vorfälle gekündigt werden können und zählt zu diesen Vorfällen auch rassistische und nationalsozialistische Äußerungen oder Handlungen.
Kann das Privatleben ein Kündigungsgrund sein?
Diese Rechtslage kann auch bei erwachsenen Arbeitnehmern greifen, die im Internet gegen Asylsuchende hetzen. Zwar geht es Arbeitgeber rechtlich gesehen zunächst einmal nichts an, was Arbeitnehmer in ihrer Freizeit machen.
Doch wenn sich die privaten Tätigkeiten von Beschäftigten auf das Unternehmen auswirken, indem sie etwa dessen Image angreifen oder den Betriebsfrieden stören, dann könnten rassistische Posts sich auf das Arbeitsverhältnis auswirken und einen Kündigungsgrund darstellen.
Das könnte vor allem dann gelten, wenn Arbeitnehmer nicht in einem kleinen Kreis von Freunden posten, sondern für viele Nutzer sichtbar. Noch stärker könnten Arbeitnehmer ihr Beschäftigungsverhältnis gefährden, wenn sie ihre Posts nicht in ihrer Freizeit absetzen, sondern während der Arbeitszeit etwa über den beruflichen Account oder das firmeneigene Intranet.
Generell mehr als andere Beschäftigte aufpassen müssen Arbeitnehmer, die in Unternehmen, Institutionen oder Behörden arbeiten, die der Rechtstaatlichkeit in besonderer Weise verpflichtet sind. So verlor ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 2014 seine Arbeit bei der Behörde, denn er hatte auf der behördeneigenen Facebook-Seite kommentiert und „Afrostämmigen“ „Kultivierungsseminare“ vorgeschlagen.
Posts und Kommentare im Internet: Wo endet die Meinungsfreiheit?
Die deutsche Verfassung räumt der Meinungsfreiheit in Artikel 5 einen großen Stellenwert ein. Auch das Bundesverfassungsgericht zeigt sich in seinen Urteilen über die Inhalte und Freiräume der Meinungsfreiheit großzügig und bewertet selbst überspitzt formulierte Kritik als zulässig solange sie sachbezogen ist.
In der Rechtspraxis kommt Richtern die Aufgabe zu, Äußerungen oder Handlungen einzuordnen und dabei zwischen Meinungsfreiheit und zulässiger Kritik, den Persönlichkeitsrechten von Menschen, Beleidigungen, Schmähkritik oder Volksverhetzung abzuwägen.
Rassistische Äußerungen im Betrieb können zur Kündigung führen
Richter müssen immer am Einzelfall entscheiden, ob ein Tatbestand greift und wenn ja, welcher dies ist. Im Falle von Kündigungen wegen abwertender Posts, aber auch von Handlungen in der realen Arbeitswelt müssen Richter auch immer abwägen, ob die Entlassungen gerechtfertigt sind.
Erst kürzlich, im Januar 2017, lag dem Verwaltungsgericht Düsseldorf der Fall eines Zeitsoldaten vor, den die Bundeswehr entlassen hatte. Die Verwaltungsrichter bestätigten die Kündigung, denn der Zeitsoldat hatte andere Soldaten als „Juden“ angesprochen, mit Kabelbindern Hakenkreuz gebastelt und einen dunkelhäutigen zivilen Auszubildenden als „Nigger“ bezeichnet. Die zehnte Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wies mit ihrem Urteil die Klage des Zeitsoldaten gegen seine Kündigung ab und bestätigte die Einschätzung der Bundeswehr, dem Zeitsoldaten fehle es an charakterliche Eignung (AZ: 10 K 3895/15).
Im Oktober 2016 urteilte das Hamburger Arbeitsgericht, dass das Zeigen des Hitlergrußes eine fristlose Kündigung rechtfertige. In dem Verfahren hatte ein entlassener Fahrer eines Patiententransportunternehmens gegen seine Entlassung geklagt. Ausgangspunkt der Kündigung war Ende 2015 ein Streit des Mannes mit dem Betriebsratsvorsitzenden des Unternehmens. Nach dem Streit soll der Fahrer seinen ausgestreckten Arm zum Hitlergruß gehoben und seinen Kontrahenten mit den Worten "Du bist ein heil, du Nazi!" beleidigt haben. Das Unternehmen hatte dem Mann daraufhin mit sofortiger Wirkung gekündigt (AZ.: 12 Ca 348/15).
2009 betonte auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, dass rassistische und ausländerfeindliche Äußerungen den Betriebsfrieden stören und die Kündigung eines Mitarbeiters daher legitim ist (AZ: 2 Sa 94/089).
Das Arbeitsgericht Berlin urteilte 2006, es sei einem Arbeitgeber nicht zuzumuten, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, der ausländerfeindliche Tendenzen offen zur Schau trage. Ausländerfeindliche Äußerungen im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit stellten grundsätzlich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar. In dem Fall ging es um einen Mitarbeiter, der seinen polnischen Kollegen fast täglich als „Polensau“ und „Dreckspolacke“ beschimpft hatte (AZ: 96 Ca 23147/05).
Bereits 1999 hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt zum Thema rassistische Äußerungen im Betrieb geurteilt und die fristlose Kündigung eines Auszubildenden ohne vorherige Abmahnung bestätig. Der Auszubildende hatte an die Werkbank eines anderen Lehrlings türkischer Herkunft ein Schild mit der Aufschrift angebracht: „Arbeit macht frei – Türkei schönes Land“ (AZ: 2 AZR 676/98).
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.01.2017
- Autor
- ime