Anna arbeitet bei einer Versicherung. 40 Stunden in der Woche erstellt sie Verträge, telefoniert und mailt mit Kollegen und Kunden. In ihrem Arbeitsvertrag steht geschrieben, dass sie täglich von 9 bis 18 Uhr arbeiten muss, eine Stunde hiervon ist für die Mittagspause vorgesehen.
Damit erfüllt Annas Arbeitgeber die im Arbeitszeitgesetz festgeschriebenen Regeln für Ruhepausen. Wer nämlich länger als sechs Stunden täglich arbeitet, muss mindestens 30 Minuten Pause machen dürfen und können; bei mehr als neun Stunden sind es 45 Minuten. Die Pausen können auch in jeweils 15 Minuten eingeteilt werden, bei bestimmten Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen können in Schicht- und Verkehrsbetrieben auch Kurzpausen mit anderer Aufteilung festgelegt sein.
Ein pauschaler Pausenabschlag ist meistens erlaubt
Mindestens 30 Minuten Ruhepause also, in Annas Fall ist es die doppelte Zeit, was auch zulässig ist. Allerdings hat sie neulich von einem Gerichtsurteil gehört, wonach ein genereller Abzug einer Pause um eine Stunde von der täglichen Arbeitszeit nicht erlaubt sei. Trifft das aber nicht auch auf sie zu?
Ja und nein. In dem Fall, von dem Anna gehört hatte, ging es um eine Zeiterfassung über Mitarbeiterkarten. Die Richter urteilten, dass der Vorgesetzte dadurch nicht sicherstellen könne, dass und ob die Pausen eingehalten werden und werden können. Konkret habe es an Ausführungen gefehlt, wie man die Ruhezeiten organisatorisch festgelegt und sichergestellt habe, dass diese auch genommen würden. All dies hätte der Arbeitgeber aber darlegen müssen. Da er das nicht konnte, gab das Gericht dem Arbeitnehmer recht (Arbeitsgericht Hamm; AZ.: 3 Ca 1634/11).
Grundsätzlich sei das Vorgehen mit einem pauschalen Pausenabschlag aber in Ordnung und werde häufig genutzt, sagt Rechtsanwältin Nathalie Oberthür von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Der Arbeitgeber kann sehr wohl pauschal delegieren, wie viel und in welchem Zeitraum Pausen zu nehmen sind.“ Ob man zur Überwachung der Einhaltung eine Führungskraft brauche, hänge vom Einzelfall und der betriebsinternen Organisation ab“, so die Arbeitsrechtsexpertin.
Mittagessen mit Kollegen sind meist Ruhepausen
Mittags verabredet sich Anna mit einem Kollegen zum Lunch. Die Themen beim Essen variieren, auch sprechen sie über eine neu eingeführte Versicherungspolice bei ihrer Arbeit – und damit beruflich. Eine Ruhepause sollte doch aber eine Ruhepause sein – steht dem nicht das berufliche Gespräch entgegen?
„Normalerweise nicht“, sagt Rechtsanwältin Oberthür: „Eine Pause ist meist auch dann entspannend, wenn man mit einem Kollegen essen geht und dabei auch etwas über die Arbeit spricht.“ Sollte das Essen einmal tatsächlich nur nebenher laufen, könne man allerdings schon fragen, ob es sich um eine echte Pause handele, so die Arbeitsrechtsexpertin.
Raucherpausen sind oftmals Zusatzpausen
Zurück im Büro, geht es auf den Nachmittag zu – Annas üblicher Zeitpunkt für die eine Zigarette, die sie sich gönnt. In ihrem Vertrag ist festgelegt, dass solche zusätzlichen Pausen nachgearbeitet werden müssen. Arbeitsrechtlich ist das völlig in Ordnung und Anna hält sich daran.
Würde sie dies nicht tun und käme das häufiger vor, müsste sie Konsequenzen fürchten. „Je nach Einzelfall kann das zu einer fristlosen Kündigung führen“, erklärt Nathalie Oberthür. Gleiches gelte auch dann, wenn die vorgegebene Pausenzeit am Mittag regelmäßig überschritten werde.
Arbeitnehmer sollten ihre Pausen einfordern
Doch müssen nicht nur Arbeitnehmer Regeln einhalten, für ihre Chefs gilt das gleichermaßen. Anna kann davon ein Lied singen: Bei einem früheren Job musste sie regelmäßig durcharbeiten, die Arbeitsbelastung war extrem hoch und so kam sie oft völlig erschöpft zu später Stunde nach Hause – und hatte hier ihre erste Pause am Tag. Sie traute sich aber nicht, ihre Pausen einzufordern, schließlich kündigte Sie.
„Hinnehmen sollte das ein Arbeitnehmer nicht“, sagt Rechtsanwältin Oberthür und ergänzt: „In einem solchen Fall muss der Arbeitnehmer mit seinem Vorgesetzten sprechen. Viele aber tun das nicht.“ Natürlich könne sie verstehen, dass man als Arbeitnehmer nicht in Ungnade fallen wolle – aber jeder Chef wisse um seine Pflicht, Pausen einzuräumen und auch darum, dass diese Pausen zur Erbringung der Arbeitsleistung wichtig seien, so Oberthür.
Für leitende Angestellte gilt das Arbeitszeitgesetz übrigens nicht. Hier kann es Ausnahmen geben. Leitende Angestellte sind aber nur sehr wenige Arbeitnehmer in Deutschland.
Pausenzeiten müssen transparent gemacht werden
Bei all diesen Fragen gilt: Vorgesetzte sind verpflichtet, die Pausenregelung vorab transparent zu machen, etwa indem sie vorgeben, in welchem Zeitraum die Pause zu nehmen ist. Dabei reicht die Mitteilung an die Angestellten am Morgen des Arbeitstags.
Bei Anna ist vorgegeben, dass sie ihre Pause zwischen 12 und 14 Uhr nehmen soll. Manchmal kann sich das etwa nach hinten verschieben, bis nach 15 Uhr sollte das jedoch nicht passieren. Denn dann erreicht Anna die Grenze von sechs Arbeitsstunden. Spätestens jetzt muss eine Pause gemacht werden – so steht es im Arbeitszeitgesetz.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 13.10.2014
- Autor
- ndm