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Arbeitgeber zahlt Lohn nicht: Was kann man tun?

Arbeitgeber zahlt nicht – was Sie tun können, um trotzdem an Lohn oder Gehalt zu kommen
© Quelle: Graf/gettyimages.de

Wer arbeitet, dem steht Lohn oder ein Gehalt für seine Leistung zu. An diesen einfachen Grundsatz halten sich leider nicht alle Arbeitgeber: Manche Chefs zahlen unpünktlich, nur teilweise oder gar nicht. Arbeit­nehmer können sich aber wehren, wenn ihr Lohn oder ihr Gehalt ausbleiben. Um Forderungen effektiv durchzu­setzen, gibt es verschiedende rechtliche Möglich­keiten - ein Überblick.

„Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne bezahle.“ Dieses Zitat wird dem Unternehmer Robert Bosch zugeschrieben. Doch so wie Robert Bosch denken unglück­li­cherweise nicht alle Arbeitgeber. Zumindest zahlen manche von ihnen den Arbeit­nehmern nicht nur kein gutes Arbeits­entgelt, sondern halten den Lohn oder das Gehalt sogar komplett zurück. Und das kommt vor, egal ob ein Arbeit­nehmer zum Beispiel als Mini-Jobber oder in Vollzeit tätig ist.

Allerdings müssen Arbeit­nehmer das nicht hinnehmen, ihnen stehen verschiedene juristische Instrumente zur Verfügung, um ihre Lohn- oder Gehalts­for­de­rungen durchzu­setzen. Das kann zum Beispiel unter Umständen auch beinhalten, Schadens­ersatz zu fordern.

Arbeitgeber zahlt nicht: Was ist Lohnverzug?

Ein Arbeitgeber ist verpflichtet, den Lohn oder das Gehalt eines Arbeit­nehmers pünktlich an einem bestimmten Tag im Monat zu überweisen. Versäumt der Chef dies und überschreitet den Fällig­keits­termin, gerät er gegenüber dem Beschäf­tigten in Lohnverzug. Das geschieht automatisch, ein Arbeit­nehmer muss den Chef nicht extra mahnen.

Allerdings muss, damit ein Lohnverzug vorliegt, der Arbeitgeber für das Ausbleiben der Lohn- oder Gehalts­über­weisung verant­wortlich sein. Wenn daran zum Beispiel die Bank schuld ist, spricht man nicht von Lohnverzug. In diesem Fall kann ein Arbeit­nehmer kaum etwas gegen eine verzögerte Lohn- oder Gehalts­zahlung unternehmen.

Lohn oder Gehalt bleiben aus: In welchen Fristen muss man handeln?

Das ist bei einem „echten“ Lohnverzug, den der Chef zu verant­worten hat, anders. Wenn der Arbeitgeber kein Arbeits­entgelt zahlt oder zumindest längere Zeit nicht, dann stehen einem Beschäftigen verschiedene rechtliche Instrumente zur Verfügung, um an sein Geld zu kommen.

Zunächst muss man wissen, dass man schnell handeln muss, wenn man eine Lohn- oder Gehalts­zahlung einfordern will. „Arbeits- oder Tarifverträge können Fristen enthalten, in denen ein Beschäf­tigter seine Ansprüche aus einem Arbeits­ver­hältnis, also auch auf Entgelt, gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen muss“, sagt die Berliner Rechts­an­wältin Lisa Griesehop, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaften Arbeitsrecht und Sozialrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). „Wenn ein Beschäf­tigter diese Fristen verstreichen lässt, kann er seine Ansprüche auf ausstehende Löhne oder Gehälter verlieren.“

Je nach den Verein­ba­rungen in den Arbeits- oder Tarifver­trägen, muss ein Arbeit­nehmer innerhalb von drei oder von sechs Monaten gegen den Zahlungs­verzug vorgehen und vom Chef die Lohn- oder Gehalts­zahlung einfordern.

Was tun, wenn der Arbeitgeber den Lohn oder das Gehalt nicht zahlt?

1. Arbeitgeber in einem Schreiben auffordern, den Lohn oder das Gehalt zu zahlen

Innerhalb der genannten Zeiträume sollte man den Arbeitgeber zunächst schriftlich auffordern, das Gehalt oder den Lohn zu zahlen. Das Schreiben sollte die Höhe der nicht geleisteten Lohn- oder Gehalts­zahlung enthalten sowie eine Frist, bis zu der sie überwiesen sein muss.

2. Chef bei Zahlungs­verzug abmahnen

Reagiert der Arbeitgeber auf dieses Schreiben nicht und bleibt er das Entgelt weiter schuldig, sollte man dem Arbeitgeber eine Abmahnung zukommen lassen. Eine Abmahnung ist nicht nur eine starke Drohung, sondern auch die Voraus­setzung für eine fristlose Kündigung wegen andauerndem Zahlungs­verzug (siehe dazu weiter unten).

3. Bei Zahlungs­verzug Lohnklage beim Arbeits­gericht einreichen

„Wenn weder die Zahlungs­auf­for­derung noch die Abmahnung dazu führen, dass man sein Geld bekommt, sollte man eine Klage bei einem Arbeits­gericht einreichen“, rät  Rechts­an­wältin Griesehop. Man sollte dabei sein Brutto­gehalt einklagen, die Klage kann man den Rechts­an­trag­stellen der Arbeits­ge­richte zukommen lassen. Wer eine Lohnklage vor einem Arbeits­gericht erwägt, sollte sich dabei am besten von einem Rechts­anwalt beraten lassen.

„Über Lohnklagen kann man sehr schnell ein Urteil erwirken. Es handelt sich dabei meist um ein Versäum­nis­urteil“, erklärt die Expertin für Sozial- und Arbeitsrecht Lisa Griesehop. Versäum­nis­urteile ergehen immer dann, wenn der beklagte Arbeitgeber nicht vor Gericht erscheint. Solche Urteile sind vollstreckbare Titel, mit denen der Arbeit­nehmer oder sein Rechts­anwalt einen Gerichts­voll­zieher damit beauftragen kann, das Konto des Arbeit­gebers zu pfänden.

Verzugs­pau­schale: Gibt es Schadens­ersatz für verspätete Lohnzahlung

Bei Lohnverzug haben Arbeit­nehmer keinen Anspruch (mehr) auf Schadens­ersatz. Bis Herbst 2018 mussten Arbeitgeber 40 Euro drauflegen, wenn sie Lohn, Gehalt oder auch einen Abschlag zu spät zahlten. Diese Regelung hat das Bundes­ar­beits­gericht gekippt (Urteil vom 25.09.2018 – Aktenzeichen 8 AZR 26/18). Das Gericht hielt die Pauschale für mit dem Arbeitsrecht nicht vereinbar.

Lohnverzug: Anspruch auf Verzugs­zinsen?

Befindet sich der Arbeitgeber im Verzug, kann er grundsätzlich dazu verpflichtet werden, Verzugs­zinsen zu zahlen. Bei der Berechnung der Verzugs­zinsen gilt es zu beachten, dass sich der Zinssatz auf ein Jahr (per annum) bezieht und auf den Tag umgerechnet werden muss.

Eine beispielhafte Berechnung sieht wie folgt aus:

Der Arbeit­nehmer bezieht zum Monatsende ein Gehalt von 1.000 €. Am Zehnten des folgenden Monats ist das Gehalt immer noch nicht eingegangen, der aktuelle Zinssatz beträgt 4,87 % p.a. Die Berechnung ergibt sich nun folgen­dermaßen: 1.000 € mal 4,87 % ergibt 48,70 €. Dieser Jahreszins muss nun durch 365 geteilt werden, um die Verzugs­zinsen pro Tag zu erhalten – in diesem Fall 13 Cent. Nach einem Verzug von zehn Tagen ergeben sich also Verzugs­zinsen von 1,30 Cent.

Das sieht zunächst nach verschwindend wenig aus. Aber bei längeren Zeiträumen (und höheren Gehalts­summen) können sich nennenswerte Beträge ergeben. Ob es sich lohnt, diese Verzugs­zinsen einzufordern, sollten Arbeit­nehmer im Einzelfall entscheiden. Prinzipiell kann es das zukünftige Arbeits­ver­hältnis durchaus belasten, wenn Arbeit­nehmer bei einmaligem Verzug auf den Zins bestehen. Sollte dies aber keine Rolle spielen, etwa weil das Arbeits­ver­hältnis ohnehin vor dem Ende steht, spricht grundsätzlich nichts dagegen, den Anspruch auf Verzugszins auch einzufordern.

Muss man zur Arbeit gehen, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt?

Man muss nicht zur Arbeit gehen, wenn der Arbeitgeber den Lohn oder das Gehalt nicht zahlt. Das kann zumindest dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber in erheblichem Zahlungs­verzug ist. Als erheblich stufen die Arbeits­ge­richte einen Zahlungs­verzug von mindestens zwei Monaten ein. Nach zwei Monaten kann einem Arbeit­nehmer also ein gesetz­liches Zurück­be­hal­tungsrecht zustehen.

Wer von diesem Recht Gebrauch machen will, muss aber beachten: „Ein Arbeit­nehmer muss dem Arbeitgeber schriftlich ankündigen, dass er von seinem Zurück­be­hal­tungsrecht Gebrauch macht und nicht mehr zu Arbeit kommt“, sagt Arbeits­rechtlerin Griesehop.

Fristlose Kündigung wegen Zahlungs­verzug des Arbeit­gebers?

Arbeit­nehmer können bei einem Zahlungs­verzug fristlos kündigen, man muss den Chef aber vorher schriftlich abgemahnt haben. Eine fristlose Kündigung ist nur legitim, wenn der Arbeitgeber erheblich im Zahlungs­rückstand ist (siehe oben).

Fristlose Kündigung weil der Chef nicht zahlt – sich an die Bundes­agentur für Arbeit wenden

„Wer bei einem Zahlungs­verzug fristlos kündigen will, sollte sein Vorgehen eng mit der Bundes­agentur für Arbeit abstimmen“, rät Lisa Griesehop. Das ist deshalb wichtig, weil die Agentur Beschäftigte, die von sich eine fristlose Kündigung einreichen, normalerweise mit einer dreimo­natigen Sperrzeit beim Arbeits­lo­sengeld I belegt.

Arbeitgeber zahlt nicht: Hat man Anspruch auf Arbeits­lo­sengeld oder Hartz IV?

Bei der Agentur können Beschäftigte nach einer fristlosen Kündigung Arbeits­lo­sengeld I oder Hartz IV beantragen. Ob sie Anspruch auf Arbeits­lo­sengeld I oder Hartz IV haben, muss man mit der Agentur klären. Die Ansprüche hängen vom Einkommen des Arbeit­nehmers ab und davon, wie lange er gearbeitet und welche Ansprüche auf Leistungen er erworben hat.

Einen Anspruch auf Arbeits­lo­sengeld I oder Hartz IV hat ein Arbeit­nehmer auch schon vor der fristlosen Kündigung. Also auch dann, wenn das Arbeits­ver­hältnis noch besteht oder wenn er nicht mehr zur Arbeit geht, aber noch nicht fristlos gekündigt hat.

Was geschieht bei einer Insolvenz?

Wenn das Unternehmen zahlungs­unfähig ist, sollte man sich an den Insolvenz­ver­walter wenden und dort ausste­henden Lohn oder Gehalt geltend machen. Zugleich muss man Insolvenzgeld bei der Bundes­agentur für Arbeit beantragen, eine Leistung, die die Behörde für die letzten drei Monate zahlt.

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Datum
Aktualisiert am
27.06.2018
Autor
ime/psu
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Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Arbeits­agentur Gehalt Lohn

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