Da laut Statistischem Bundesamt meist Mütter in Teilzeit arbeiten, haben diese oft die Lohnsteuerklasse V. Bei dieser Klasse können die Kinder aber nicht in die Lohnsteuerkarte eingetragen werden. Ein Sozialplan, der einen Kinderzuschlag nur dann vorsieht, wenn die Kinder in der Lohnsteuerkarte vermerkt sind, stellt einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) dar. Darauf weist die Deutsche Anwaltsauskunft mit Hinweis auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes in Nürnberg vom 3. November 2015 (AZ: 7 Sa 655/14) hin.
Antidiskriminierungsgesetz: Diskriminierung und Benachteiligung bei Abfindung nach Sozialplan
Die Frau arbeitet seit 1995 bei dem Betrieb, zuletzt mit reduzierter Stundenzahl. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie selbst hat die Lohnsteuerklasse V, ihr Ehemann III.
Aufgrund einer Neuregelung der Standortstruktur wurde der Betrieb stillgelegt. Der Arbeitgeber schloss mit dem Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan. Darin war die Zahlung einer Abfindung geregelt. Mitarbeiter mit Kindern erhielten neben der Grundabfindung einen Kinderzuschlag, sofern die Kinder in der Lohnsteuerkarte vermerkt waren. Pro Kind gab es eine Abfindung von 2.500 Euro brutto.
Der Arbeitgeber zahlte der Mitarbeiterin rund 18.000 Euro Abfindung, jedoch keinen Kinderzuschlag. In ihrer Lohnsteuerkarte konnten Kinder nicht vermerkt werden, da sie die Lohnsteuerklasse V hat. Die Frau sah darin eine Benachteiligung und klagte. Beim Arbeitsgericht in Weiden hatte sie noch keinen Erfolg. Unterstützt von ihrem Anwalt ließ sie aber nicht locker.
Arbeitsgerichtsprozesse nur mit anwaltlicher Vertretung
Wenn man vor einem Arbeitsgericht auftreten will, benötigt man zwar erst ab der zweiten Instanz eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt. Ein Anwalt hilft aber grundsätzlich, die Chancen und Risiken eines Prozesses abzuwägen. Auch vertritt er ausschließlich die Interessen des Betroffenen. So auch hier. Mithilfe ihres Anwalts war die Frau letztlich erfolgreich, nachdem sie Berufung gegen das Urteil in erster Instanz eingelegt hatte.
Wer sich gegen seinen Arbeitgeber gerichtlich wehren möchte, ist immer gut beraten, sich schon vorher anwaltlich beraten und auch vertreten zu lassen. Vielleicht muss man sich nicht vor Gericht streiten, sondern einigt sich schon vorher. Arbeitsrechtsanwältinnen und -anwälte in der Nähe findet man in der Anwaltssuche.
Urteil zu Benachteiligung von Müttern: Mittelbare Diskriminierung von Frauen im Sozialplan
Das Landesarbeitsgericht in Nürnberg gab der Frau Recht, die Richter sahen hier eine Benachteiligung. Deshalb verurteilte das Gericht den ehemaligen Arbeitgeber dazu, die Kinderzuschläge von 5.000 Euro brutto für die beiden Kinder zu zahlen.
Interessant ist hier, dass es im Sozialplan keine unmittelbare Benachteiligung und Diskriminierung nach dem Geschlecht gab. Den Kinderzuschlag erhielten beispielsweise auch alleine erziehende Mütter mit der Lohnsteuerklasse II oder Familienväter mit der Lohnsteuerklasse I. Mütter oder Väter sind demnach gleich betroffen.
Das Gericht sah aber eine mittelbare Benachteiligung und Diskriminierung in den Regelungen des Sozialplans. Das Ehegattensplitting werde vor allen Dingen dann angewendet, wenn beispielsweise ein Ehepartner nicht in Vollzeit arbeitet, um die Kinder zu betreuen. Das ist aber meist die Mutter.
Hierzu das Gericht: „Bei den berufstätigen Vätern und Müttern, die in Teilzeit arbeiten, ist der Frauenanteil ungleich größer als der Anteil der Männer.“ Nach Auskunft des Statistischen Bundesamts arbeiten 69 Prozent aller berufstätigen Frauen, die Kinder haben, in reduzierter Stundenzahl. Väter tun dies lediglich zu 5 Prozent. Ebenfalls nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes lag 2011 der Anteil der Frauen, die die Lohnsteuerklasse V hatten, bei 90 Prozent. Bei Männern war dies lediglich zu 10 Prozent der Fall. Männer hingegen haben zu 80 Prozent die Lohnsteuerklasse III, Frauen lediglich zu 20 Prozent.
„Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass von einer Regelung im Sozialplan, in der Kinder nur berücksichtigt werden, wenn sie in der Lohnsteuerkarte eingetragen sind, mehr Frauen betroffen sind als Männer“, so das Gericht. Mit solchen Regelungen läge eine Diskriminierung vor.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.10.2017
- Autor
- red/dpa