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Benachteiligung

Abfindung mit Kinder­zu­schlag: Diskri­mi­nierung von Frauen?

Quelle: JamieGrill/Gettyimages.de
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Viele Ehepaare haben aufgrund des Ehegat­ten­splittings die Steuer­klassen III/V gewählt. Dies ist bei einem ungleichen Einkommen sinnvoll, vor allem dann, wenn die Mütter in Teilzeit arbeiten. Wird eine Abfindungs­re­gelung in einem Sozialplan danach gestaffelt, ob Kinder in einer Lohnsteu­erkarte eingetragen sind, liegt aber eine Diskri­mi­nierung von Frauen vor.

Da laut Statis­tischem Bundesamt meist Mütter in Teilzeit arbeiten, haben diese oft die Lohnsteu­er­klasse V. Bei dieser Klasse können die Kinder aber nicht in die Lohnsteu­erkarte eingetragen werden. Ein Sozialplan, der einen Kinder­zu­schlag nur dann vorsieht, wenn die Kinder in der Lohnsteu­erkarte vermerkt sind, stellt einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleich­stel­lungs­gesetz (AGG) dar. Darauf weist die Deutsche Anwalts­auskunft mit Hinweis auf eine Entscheidung des Landes­ar­beits­ge­richtes in Nürnberg vom 3. November 2015 (AZ: 7 Sa 655/14) hin.

Antidis­kri­mi­nie­rungs­gesetz: Diskri­mi­nierung und Benach­tei­ligung bei Abfindung nach Sozialplan

Die Frau arbeitet seit 1995 bei dem Betrieb, zuletzt mit reduzierter Stundenzahl. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie selbst hat die Lohnsteu­er­klasse V, ihr Ehemann III.

Aufgrund einer Neuregelung der Standort­struktur wurde der Betrieb stillgelegt. Der Arbeitgeber schloss mit dem Gesamt­be­triebsrat einen Sozialplan. Darin war die Zahlung einer Abfindung geregelt. Mitarbeiter mit Kindern erhielten neben der Grundab­findung einen Kinder­zu­schlag, sofern die Kinder in der Lohnsteu­erkarte vermerkt waren. Pro Kind gab es eine Abfindung von 2.500 Euro brutto.

Der Arbeitgeber zahlte der Mitarbeiterin rund 18.000 Euro Abfindung, jedoch keinen Kinder­zu­schlag. In ihrer Lohnsteu­erkarte konnten Kinder nicht vermerkt werden, da sie die Lohnsteu­er­klasse V hat. Die Frau sah darin eine Benach­tei­ligung und klagte. Beim Arbeits­gericht in Weiden hatte sie noch keinen Erfolg. Unterstützt von ihrem Anwalt ließ sie aber nicht locker.

Arbeits­ge­richts­prozesse nur mit anwalt­licher Vertretung

Wenn man vor einem Arbeits­gericht auftreten will, benötigt man zwar erst ab der zweiten Instanz eine Rechts­an­wältin oder einen Rechts­anwalt. Ein Anwalt hilft aber grundsätzlich, die Chancen und Risiken eines Prozesses abzuwägen. Auch vertritt er ausschließlich die Interessen des Betroffenen. So auch hier. Mithilfe ihres Anwalts war die Frau letztlich erfolgreich, nachdem sie Berufung gegen das Urteil in erster Instanz eingelegt hatte.

Wer sich gegen seinen Arbeitgeber gerichtlich wehren möchte, ist immer gut beraten, sich schon vorher anwaltlich beraten und auch vertreten zu lassen. Vielleicht muss man sich nicht vor Gericht streiten, sondern einigt sich schon vorher. Arbeits­rechts­an­wäl­tinnen und -anwälte in der Nähe findet man in der Anwaltssuche.

Urteil zu Benach­tei­ligung von Müttern: Mittelbare Diskri­mi­nierung von Frauen im Sozialplan

Das Landes­ar­beits­gericht in Nürnberg gab der Frau Recht, die Richter sahen hier eine Benach­tei­ligung. Deshalb verurteilte das Gericht den ehemaligen Arbeitgeber dazu, die Kinder­zu­schläge von 5.000 Euro brutto für die beiden Kinder zu zahlen.

Interessant ist hier, dass es im Sozialplan keine unmittelbare Benach­tei­ligung und Diskri­mi­nierung nach dem Geschlecht gab. Den Kinder­zu­schlag erhielten beispielsweise auch alleine erziehende Mütter mit der Lohnsteu­er­klasse II oder Famili­enväter mit der Lohnsteu­er­klasse I. Mütter oder Väter sind demnach gleich betroffen.

Das Gericht sah aber eine mittelbare Benach­tei­ligung und Diskri­mi­nierung in den Regelungen des Sozialplans. Das Ehegat­ten­splitting werde vor allen Dingen dann angewendet, wenn beispielsweise ein Ehepartner nicht in Vollzeit arbeitet, um die Kinder zu betreuen. Das ist aber meist die Mutter.

Hierzu das Gericht: „Bei den berufs­tätigen Vätern und Müttern, die in Teilzeit arbeiten, ist der Frauen­anteil ungleich größer als der Anteil der Männer.“ Nach Auskunft des Statis­tischen Bundesamts arbeiten 69 Prozent aller berufs­tätigen Frauen, die Kinder haben, in reduzierter Stundenzahl. Väter tun dies lediglich zu 5 Prozent. Ebenfalls nach Auskunft des Statis­tischen Bundesamtes lag 2011 der Anteil der Frauen, die die Lohnsteu­er­klasse V hatten, bei 90 Prozent. Bei Männern war dies lediglich zu 10 Prozent der Fall. Männer hingegen haben zu 80 Prozent die Lohnsteu­er­klasse III, Frauen lediglich zu 20 Prozent.

„Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass von einer Regelung im Sozialplan, in der Kinder nur berück­sichtigt werden, wenn sie in der Lohnsteu­erkarte eingetragen sind, mehr Frauen betroffen sind als Männer“, so das Gericht. Mit solchen Regelungen läge eine Diskri­mi­nierung vor.

Datum
Aktualisiert am
17.10.2017
Autor
red/dpa
Bewertungen
1783
Themen
Arbeit Arbeit­nehmer Diskri­mierung Geld

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