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Urteil der Woche

Keine Witwerrente bei Versorgungsehe

+++ Versorgungsehe: Gericht verweigert Witwerrente trotz langjähriger Partnerschaft +++

Witwenrente

(DAA). Der Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente (Witwen- oder Witwerrente) setzt gemäß § 46 Abs. 2a SGB VI voraus, dass die Ehe mindestens ein Jahr gedauert hat. Stirbt der Ehepartner innerhalb dieses Zeitraums, vermutet das Gesetz das Vorliegen einer sogenannten Versorgungsehe, also einer Eheschließung, die vorrangig dem Zweck der materiellen Versorgung des überlebenden Partners diente. Diese Vermutung kann nur unter engen Voraussetzungen widerlegt werden.

In einem Urteil vom 24. April 2025 (AZ: L 4 R 189/19) hat das Landessozialgericht (LSG) Neustrelitz entschieden, dass ein Witwer keine Rente erhält, wenn die Ehe kurz vor dem Tod der Partnerin geschlossen wurde und bereits bei der Eheschließung eine lebensbedrohliche Erkrankung bekannt war.

Heirat kurz nach Krebsdiagnose

Der Mann und seine spätere Ehefrau lebten fast 20 Jahre als Paar zusammen. Erst im Mai 2017 heirateten sie, wenige Wochen nach der Diagnose einer schweren Krebserkrankung. Die Frau verstarb im Januar 2018, also innerhalb eines Jahres nach der Hochzeit.

Die Rentenversicherung lehnte die Witwerrente mit der Begründung ab, die Ehe sei hauptsächlich geschlossen worden, um eine Hinterbliebenenversorgung zu sichern.

Keine Witwerrente bei Versorgungsehe

Zwar hatte die erste Instanz dem Witwer noch Recht gegeben, doch das Landessozialgericht wies sein Ansinnen ab: Ausschlaggebend sei, dass zum Zeitpunkt der Hochzeit die lebensbedrohliche Erkrankung bereits bekannt war. Die spätere Todesursache – hier ein Schlaganfall – spiele dabei keine Rolle.

  • Regelmäßige Nichterfüllung des Ausnahmetatbestands:
    Das Gericht bekräftigte außerdem, dass der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2a Halbsatz 2 SGB VI, der die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen könnte, in aller Regel nicht erfüllt ist, wenn die lebensbedrohliche Erkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bekannt war (BSG, Urt. v. 05.05.2009 – B 13 R 55/08 R).
  • Motivationslage bei der Heirat ist ausschlaggebend:
    Weder das langjährige Zusammenleben noch der vorgetragene Wunsch, Entscheidungsrechte in der Gesundheitsfürsorge zu regeln (hierfür hätten Vollmachten genügt), konnten die Vermutung widerlegen.
  • Unerheblichkeit der Todesursache:
    Das LSG stellte klar, dass es ohne Belang ist, ob die Versicherte durch den Schlaganfall oder das Pankreaskarzinom verstorben ist. Entscheidend ist allein die Motivation im Zeitpunkt der Eheschließung. Diese wird von späteren Ereignissen nicht berührt.

Strenge Anforderungen an die Widerlegung einer Versorgungsehe

Die Entscheidung des LSG Neustrelitz belegt die strenge Handhabung der Versorgungsehe-Vorschriften durch die Sozialgerichte. Für Partner, die kurz vor oder nach Bekanntwerden einer schweren Krankheit heiraten, ist der Nachweis, dass der Versorgungswunsch nicht die vorrangige Motivation war, äußerst schwer zu führen.

Das Urteil zeigt: Wer in Kenntnis einer schweren Erkrankung heiratet, muss damit rechnen, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe greift und ein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente versagt wird. Nur wenn nachweisbar andere, vorrangige Gründe für die Eheschließung vorlagen, kann die Vermutung widerlegt werden – das gelang dem Kläger hier nicht.

Wann kann eine Versorgungsehe widerlegt werden?

Die gesetzliche Vermutung einer sogenannten Versorgungsehe kann widerlegt werden, wenn Sie als überlebender Ehepartner nachweisen, dass die Eheschließung nicht allein oder überwiegend zum Zweck der Erlangung eines Hinterbliebenenanspruchs erfolgte. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat und der versicherte Partner verstirbt (§ 46 Abs. 2a SGB VI).

Typische Umstände, die eine Widerlegung stützen können, sind:

  • Plötzlicher und unerwarteter Tod:
    Der Tod des Versicherten tritt unvermittelt ein, beispielsweise durch einen Unfall, und es lag zuvor kein bekanntes gesundheitliches Risiko eines bevorstehenden Ablebens vor. Dies ist der klassische Ausnahmetatbestand.
  • Langjähriges Zusammenleben und Heiratsentschluss vor Erkrankung:
    Die Ehegatten haben bereits lange in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebt.
  • Belegbare vorherige Entscheidung zur Heirat:
    Es kann belegt werden, dass der Heiratsentschluss bereits vor der lebensbedrohlichen Erkrankung gefasst wurde und dessen Umsetzung lediglich aufgeschoben wurde (z. B. durch konkrete Planungen oder die Anmeldung beim Standesamt).
  • „Pflegeehe“:
    Die Heirat erfolgte offensichtlich, um die häusliche Pflege eines schwerstbeschädigten oder pflegebedürftigen Partners sicherzustellen, dessen Ableben auf absehbare Zeit (das heißt nicht innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen) nicht zu erwarten war (wobei auch hier der Versorgungsgedanke nicht ausschlaggebend sein darf).

Quelle: www.anwaltauskunft.de

Datum
Aktualisiert am
12.11.2025
Autor
red/dav