Anwältin/Anwalt suchen!

Merkzettel

Es befinden sich noch keine Anwälte in Ihrer Merkliste.

Urteil der Woche

Unfall auf dem Autozug – Haftung wegen Betriebesgefahr?

+++ Kollision auf dem Sylt-Shuttle: Warum auch parkende Autos haften können +++

Autounfall

(DAV). Der Transport von Fahrzeugen auf Autozügen ist eine bequeme Art zu reisen, birgt aber auch spezifische Risiken. Eine zentrale Frage im Verkehrsrecht ist dabei stets, wann ein Schaden als "beim Betrieb" eines Wagens entstanden gilt, was wiederum die Grundlage für die sogenannte Gefährdungshaftung nach § 7 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) bildet. 

Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig vom 31. Juli 2024, Az. 7 U 48/24, liefert hierzu wichtige Klarstellungen und bestätigt eine weite Auslegung des Betriebsbegriffs. Das Gericht entschied, dass ein Schaden an einem Pkw auf einem Autozug "beim Betrieb" eines anderen Fahrzeugs entstehen kann, wenn dieses nicht ordnungsgemäß gesichert war.

Unfall auf dem Autozug – Haftung wegen Betriebesgefahr?

Was wie eine entspannte Bahnfahrt nach Sylt begann, endete für eine Frau mit einer bösen Überraschung: Während der Fahrt auf dem Autozug wurde ihr Wagen von einem hinter ihr stehenden Transporter gerammt – gleich zweimal. Der Grund: mangelnde Sicherung.

Fehlende Handbremse sorgt für Kollision

Der Vorfall ereignete sich auf dem bekannten „Sylt-Shuttle“, teilt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mit. Der Pkw der Klägerin war ordnungsgemäß verladen, Handbremse angezogen, Gang eingelegt. Nicht so der Sprinter hinter ihr: Bei zwei Anfahrvorgängen des Zuges riss der Spanngurt, der das Fahrzeug sichern sollte – der Transporter rollte auf das vorausfahrende Fahrzeug auf. Ergebnis: Blechschaden in Höhe von rund 20.000 Euro.

Was bedeutet „beim Betrieb eines Fahrzeugs“?

Das Straßenverkehrsgesetz (§ 7 Abs. 1 StVG) sieht eine Haftung des Halters vor, wenn sich ein Schaden „beim Betrieb“ eines Kfz ereignet. Dabei ist der Begriff weit auszulegen. Das OLG Schleswig urteilte: Auch ein verladenes Fahrzeug, das sich durch äußere Einflüsse wie das Anfahren eines Zuges bewegt, kann eine typische Betriebsgefahr darstellen – insbesondere, wenn es ungesichert ist.

Gericht: Fahrzeugtypische Gefahr hat sich verwirklicht

Der Beklagte argumentierte, das Transporter sei wie eine „bewegte Ware“ transportiert worden – also außer Betrieb. Das sah das Gericht anders: Der Fahrer saß im Wagen, hätte ihn sichern müssen, war gewarnt worden – durch Durchsagen und Schilder. Er hätte auch die Handbremse anziehen und einen Gang einlegen können. Die Unterlassung dieser Sicherung war kausal für den Schaden. Damit sei das Fahrzeug aktiv am Unfall beteiligt – und damit „in Betrieb“.

Rechtlicher Hinweis: Auch der Wind zählt als Gefahr

Die Beeinflussung von Kraftfahrzeugen durch Wind, insbesondere bei höheren Aufbauten, stellt grundsätzlich eine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs dar, die vom Schutzzweck der Gefährdungshaftung miterfasst wird. Die Haftung aus Betriebsgefahr verwirklicht sich auch dann, wenn einzig die von außen wirkende Kraft des Windes den Schaden im ruhenden Verkehr bewirkt. § 7 Abs. 1 StVG beschränkt die Einstandspflicht nicht auf fahrzeugspezifische Gefahren in dem Sinne, dass der Schaden allein durch ein Fahrzeug verursacht werden müsste.

Datum
Aktualisiert am
20.06.2025
Autor
red/dav
Bewertungen
465