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Tipps&Urteile

Zwei Minischweine (Minipigs) im Einfami­li­en­haus­viertel

(DAV). Der Wunsch nach außerge­wöhn­lichen Haustieren wächst. Doch nicht jedes Tier, das auf den ersten Blick als „klein” oder „niedlich” erscheint, ist auch für die Haltung in einem typischen Wohngebiet geeignet. Das musste ein Grundstücks­ei­gentümer in Rheinland-Pfalz erfahren, der zwei Minischweine in seinem Garten hielt. Ein aktuelles Urteil des Oberver­wal­tungs­ge­richts Koblenz (OVG) hat nun klare Grenzen gezogen.

Das Gericht hat am 5. Februar 2025 (AZ: 8 A 11067/24.OVG) entschieden, dass das Halten und Züchten von Minipigs in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig ist.

Minischweine im Wohngebiet – Eigentümer wehrt sich gegen behördliche Verfügung

In einem von Einfami­li­en­häusern umgebenen allgemeinen Wohngebiet hielt ein Eigentümer zwei Minischweine, ohne dafür eine Baugeneh­migung eingeholt zu haben.

Laut Baugesetzbuch (BauGB) sind allgemeine Wohngebiete vorwiegend dem Wohnen vorbehalten. Die zuständige Baugeneh­mi­gungs­behörde wurde auf die tierischen Bewohner aufmerksam und verbot die Haltung. Die Begründung: Die Schwei­ne­haltung sei mit der typischen Nutzung eines Wohngebiets unvereinbar.

Der Eigentümer wehrte sich mit der Argumen­tation, Minischweine seien anders zu behandeln als „normale” Schweine und eher mit Hunden als mit Hobbytieren vergleichbar.

Doch weder die erste Instanz noch das OVG Koblenz folgten dieser Argumen­tation.

Das Urteil des OVG Koblenz: Keine "Wohnak­zess­orietät" für Minipigs

Das OVG Koblenz bestätigte die Nutzungs­un­ter­sagung. Entscheidend für die Richter war die „Wohnak­zess­orietät”. Das bedeutet, dass die Tierhaltung in einem allgemeinen Wohngebiet nur dann zulässig ist, wenn sie eine unterge­ordnete Nebenanlage zur eigent­lichen Wohnnutzung darstellt.

Warum Minischweine nicht in ein Wohngebiet passen:

  • Größe und Gewicht: Obwohl sie „Mini” im Namen tragen, erreichen Minischweine ausgewachsen ein Gewicht von 65 bis 150 kg. Damit sind sie deutlich größer als typische Haustiere wie Hunde, Katzen oder Kaninchen.
  • Geräusche und Gerüche: Auch von Minischweinen, die das ganze Jahr über im Freien gehalten werden, gehen ungefilterte Geräusche und Gerüche aus. Diese sind nicht mit denen von üblicherweise in Wohngebieten gehaltenen Haustieren vergleichbar und können zu Belästigungen für die Nachbarschaft führen.
  • Spezielle Auflagen: Die Haltung von Minischweinen unterliegt nicht nur den Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnungen, sondern auch den tierseuchenrechtlichen Vorgaben. Diese spezifischen Anforderungen unterstreichen den Unterschied zur reinen Haustierhaltung.
  • Typische Nutzung: Esel, Ziegen und Schweine sind in Wohngebieten eher nicht zu erwarten, da ihre Haltung nicht als „Freizeitbetätigung” im Rahmen der Wohnnutzung angesehen wird. Bauplanungsrechtlich wird daher kein Unterschied zwischen Mini-, Haus- oder Hängebauchschweinen gemacht.

Praxis­hinweis für Tierhalter:

Die Entscheidung des OVG Koblenz unterstreicht, dass bei der Frage der Gebiets­ver­träg­lichkeit von Tierhal­tungen immer die konkreten örtlichen Verhältnisse und die Eigenart des Baugebiets maßgeblich sind. Schablo­nen­artige Lösungen gibt es nicht.

Checkliste für Tierhalter in Wohnge­bieten:

  • Informieren Sie sich über die Baugebietsart: Erkundigen Sie sich, ob sich Ihr Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet, einem Mischgebiet oder einem anderen Gebiet befindet. Die Vorschriften der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sind hier maßgeblich.
  • Prüfen Sie die Gebietstypik: Entspricht die Tierhaltung der üblichen Nutzung und dem Charakter des Wohngebiets?
  • Achten Sie auf Immissionen: Können von der Tierhaltung Geräusche, Gerüche oder andere Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft ausgehen?
  • Beachten Sie die Größe der Tiere: Auch wenn Tiere als „Mini” bezeichnet werden, kann ihre ausgewachsene Größe entscheidend sein.
  • Prüfen Sie außerdem, ob für die gewünschte Tierart spezielle tierschutzrechtliche oder tierseuchenrechtliche Vorgaben existieren.
  • Im Zweifel sollten Sie vor der Anschaffung eines außergewöhnlichen Tieres mit der zuständigen Baubehörde und dem Veterinäramt klären, ob die Haltung zulässig ist.
  • Ausnahmen beachten: Nur in sehr speziellen Fällen, wie übermäßig großen Grundstücken in Randlage zum Außenbereich, könnte eine Nutztierhaltung ausnahmsweise zulässig sein.

Hühner­haltung in Wohnge­bieten

„Anders könnte dies bei Hühnern sein“, erläutert Swen Walentowski, Sprecher der Anwalt­auskunft. Aber auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Kriterien sind die Anzahl der Tiere (fünf bis zehn), die Anwesenheit eines Hahns, die artgerechte Haltung und die Nichtver­folgung gewerb­licher Zwecke.

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