Anwältin/Anwalt suchen!

Merkzettel

Es befinden sich noch keine Anwälte in Ihrer Merkliste.

Tipps&Urteile

Zuständigen Facharzt zu spät hinzugezogen – Arzt haftet

(DAV). Im Falle eines Schlag­anfalls ist eine schnelle Diagnose und rechtzeitige Behandlung lebens­wichtig. Umso tragischer, wenn der Schlag­an­fall­patient zwar frühzeitig in der Klinik eintrifft, der behandelnde Arzt jedoch den spezia­li­sierten Kollegen nicht umgehend hinzuzieht. Entsteht dem Patienten dadurch ein Schaden, haftet der Arzt.

Einen solchen Fall hatte das Oberlan­des­gericht Hamm zu entscheiden, wie die Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) berichtet.

Beurteilung der CT-Bilder ohne Neurologen

Eine ältere Frau war bereits mehrfach wegen Herzer­kran­kungen im Krankenhaus behandelt worden. Im November 2005 wurde sie mit einer Halbsei­ten­lähmung als Notfall in eine Klinik eingeliefert. Dort kam sie bewusstlos an und erlitt kurz darauf einen Krampf­anfall. Am selben Tag veranlassten die behandelnden Ärzte eine Computer­to­mo­graphie (CT). Die CT-Aufnahmen beurteilten sie, ohne einen Neurologen hinzuziehen. Bei den neurolo­gischen Beratungen, die in den darauf­fol­genden Tagen stattfanden, zeigte sich, dass die Patientin an einem Locked-in-Sydrom als Folge eines – anfangs nicht erkannten – massiven Hirnstamm­in­farkts litt. Die Frau war wach, konnte hören, sehen und riechen, sich aber bis auf Augenbe­we­gungen nicht bewegen. Dieser Zustand änderte sich bis zu ihrem Tode im Juli 2006 nicht mehr. Der Sohn der Verstorbenen klagte auf Schadens­ersatz.

Sohn erhält Schmer­zensgeld

Mit Erfolg. Das Gericht billigte ihm ein so genanntes ererbtes Schmer­zensgeld in Höhe von 50.000 Euro zu. Die behandelnden Ärzte der Patientin hätten versäumt, noch am Aufnahmetag einen Neurologen zur Beurteilung der CT-Bilder hinzuzu­ziehen. Ein Neurologe hätte den massiven Hirnstamm­infarkt der Frau erkennen und dessen rechtzeitige Behandlung innerhalb des noch geöffneten Zwölf-Stunden-Zeitfensters veranlassen müssen. Laut medizi­nischem Sachver­ständigen sei die versäumte Behandlung der Patientin mögliche Ursache  für die schwer­wie­genden Lähmungen und ihren späteren Tod.

Das gehe zulasten der beklagten Ärzte, da sie nicht bewiesen hätten, dass die Patientin bei rechtzeitiger richtiger Behandlung genau so massive Beeinträch­ti­gungen erlitten hätte. 

Oberlan­des­gericht Hamm am 12. August 2013 (3 U 122/12)

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Rechts­gebiete
Medizinrecht

Zurück