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Gerichts­urteil: Umgangsrecht erlaubt Übernach­tungen

Trennen sich Eltern im Streit, streiten sie oft auch über den Umgang mit den Kindern. Nicht selten werden falsche Vorwürfe erhoben, um die Untaug­lichkeit des anderen als Elternteil zu belegen. Dabei wird oft übersehen, dass das Kind selbst einen Anspruch auf Umgang mit beiden Eltern­teilen hat. Allein das Kindeswohl ist entscheidend.

Können sich getrennt lebende Eltern nicht über die Umgangs­re­ge­lungen einigen, übernimmt dies das Gericht. Ein Umgang sollte mit Übernachtung erfolgen, da diese in der Regel dem Kindeswohl entsprechen. Übernach­tungen festigen die Beziehung zwischen dem umgangs­be­rech­tigten Elternteil und dem Kind. Dies gilt auch bei einer geringen Entfernung zwischen den Wohnorten. Das bloße Alter eines Kindes ist dabei kein maßgeb­liches Kriterium. Die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Saarbrücken.

Vater möchte Umgang mit Übernachtung

Die Eltern des Ende August 2009 geborenen Sohnes leben getrennt. Sie teilen sich das Sorgerecht, können sich jedoch nicht über den Umgang und insbesondere über Übernach­tungen einigen. Das Famili­en­gericht regelte im Oktober 2012 auf Antrag des Vaters dessen Umgang mit dem Sohn. Danach ist der Vater berechtigt, mit seinem Sohn zusammen zu sein – zu Beginn in dreiwö­chigem Rhythmus, seit März 2013 dann in zweiwö­chigem Rhythmus, jeweils von Samstag­morgen bis Sonntag einschließlich der Übernachtung.

Dagegen wehrte sich die Mutter. Sie meinte, dies könne man einem dreiein­halb­jährigen Kind nicht zumuten. Der Sohn habe noch nie auswärts übernachtet. Außerdem warf sie dem Vater vor, dass er regelmäßig trinke und kiffe.

Umgang mit Übernachtung im Interesse des Kindes

Vor Gericht hatte die Mutter keinen Erfolg. Das Umgangsrecht eines Elternteils gehöre ebenso wie das elterliche Sorgerecht des anderen Elternteils zum Elternrecht. Könnten sich die Eltern über die Ausübung des Umgangs­rechts nicht einigen, hätten die Gerichte eine Entscheidung zu treffen. Und zwar so, wie es dem Kindeswohl am besten entspreche. Im Übrigen habe das Kind selbst einen Anspruch auf Umgang mit den Eltern. Übernach­tungen seien grundsätzlich geeignet, die Beziehung des Kindes zum umgangs­be­rech­tigten Elternteil zu festigen und dazu beizutragen, dass das Kind diesen nicht ausschließlich als „Sonntags­el­ternteil“ erlebe. Auch wenn das Kind noch nie auswärts übernachtet haben sollte, habe der Junge ein Interesse daran, Übernach­tungen beim Vater zu erleben. Er besuche zudem den Kinder­garten und sei daher auch längere Abwesen­heiten der Mutter schon gewöhnt.

Falsche Vorwürfe

Vergebens berufe sich die Mutter auf ihren fortbe­stehenden Verdacht, der Vater konsumiere mit hoher Wahrschein­lichkeit „auch aktuell noch Alkohol und Betäubungs­mittel und zwar Cannabis­produkte“. Neben erheblichem Alkohol­konsum in Form von Wein und Sekt kiffe er drei- bis viermal täglich. Der Vater habe dies – abgesehen von einem jugend­lichen Probieren von Cannabis vor 20 Jahren und einem Konsum von vielleicht ein bis zwei Gläsern Wein pro Woche – durchgehend bestritten. Die Mutter habe keinen einzigen konkreten Vorfall benennen können. Ohne dass dies erforderlich gewesen wäre, habe sich der Vater einem Drogentest unterzogen, der negativ ausfiel.

Gericht: „Schutz­glocke“ falsch

Es diene zudem grundsätzlich nicht dem Entwick­lungs­prozess von Kindern, sie unter eine "Schutz­glocke" zu setzen und ihnen damit alle familiären Ausein­an­der­set­zungen ersparen zu wollen. „Auch Kinder müssen lernen, durch neue Strukturen, durch Verände­rungen vielfältiger Art belastet zu werden, aus deren Wirklichkeit sie neue Kräfte beziehen“, führte das Gericht aus.

Oberlan­des­gericht Saarbrücken am 23. Januar 2013 (AZ: 6 UF 20/13)

Quelle: www.dav-famili­enrecht.de

Rechts­gebiete
Ehe- und Famili­enrecht

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