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Wer ist Erbe, wenn im Testament einzelne Gegenstände vermacht werden?

(dpa/red). Weist der Erblasser jemandem in seinem Testament einzelne Gegenstände zu, handelt es sich zumeist um ein Vermächtnis. Der Bedachte wird dann nicht Erbe. Ein Grenzfall kann dann entstehen, wenn der Erblasser in seinem Testament seine wesent­lichen Vermögenswerte auflistet und diese alle einer Person zuwendet. Ist diese Person dann nur Vermächt­nis­nehmer oder sogar Erbe geworden?

Die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts (OLG) Düsseldorf.

Der Fall

Ein Student der Informatik schreibt „Testament – Sehr geehrte Damen und Herren, ich vermache sämtliche Sachgüter in dieser Wohnung H. Mein gesamtes Bargeld ebenso …“ und setzt seinem Leben ein Ende. Neben der angemieteten Wohnung gab es noch einen Garagen­stellplatz mit einem PKW und neben dem Bargeld noch weitere Geldanlagen. Das Nachlass­gericht erteilt dem H. keinen Erbschein, der diesen als Erben ausweist, weil dem H durch das Testament nur die Gegenstände Wohnung und Bargeld zugewiesen wurden. H. reicht hiergegen Beschwerde zum OLG ein. 

Wenn mit der Auflistung alles gemeint ist, dann wird man Erbe

Das OLG Düsseldorf gibt H. Recht: Das Gesetz geht zwar davon aus, dass, wenn jemandem nur einzelne Gegenstände zugewendet werden, dieser im Zweifel nicht Erbe werden soll. Wendet aber der juristisch nicht vorgebildete Erblasser den im Testament vollständig aufgezählten Nachlass dort einer Person zu, so ist diese als Alleinerbe anzusehen. Die Auslegung des Erblas­serwillens kann ergeben, dass unter die örtliche Bezeichnung „Wohnung“ auch ein Garagen­stellplatz fallen sollte. Dann erbt der Bedachte auch das dortige Auto. Spricht der Erblasser von „Bargeld“, fällt hierunter nicht nur Geld in Münzen oder Scheinen sondern auch Geldanlagen, mithin nach betriebs­wirt­schaft­licher Sichtweise alle liquiden Vermögenswerte. Weitere Nachlass­ge­gen­stände waren nicht vorhanden, sodass H. Erbe wurde.

Oberlan­des­gericht Düsseldorf am 27. März 2015 (AZ: I-3 Wx 197/14) 

Quelle: www.dav-erbrecht.de

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