(DAV). Wer ein Haus baut, muss bestimmte Mindestabstände zum Nachbargrundstück einhalten. Doch was passiert, wenn zwischen zwei Häusern ein gemeinsamer Garten liegt - darf dieser einfach als Pufferzone für die Abstandsflächen genutzt werden? Mit dieser Frage musste sich kürzlich das Oberverwaltungsgericht Münster beschäftigen. Das Urteil: Eine solche Nutzung ist nicht ohne weiteres zulässig - auch dann nicht, wenn sich beide Grundstücke die Fläche teilen.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat am 22. Januar 2025 (AZ: 7 A 1367/22) eine Baugenehmigung aufgehoben, weil die geplante Bebauung die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen unterschreitet. Die Bauaufsichtsbehörde hatte den Plan ohne Zustimmung aller Miteigentümer genehmigt, obwohl die Abstandsflächen in eine angrenzende „private Grünfläche als Gemeinschaftsanlage“ hineinreichten. Dies ist nach Ansicht des OVG unzulässig. Die Vorschriften der nordrhein-westfälischen Bauordnung seien verletzt worden, erklärt das Rechtsportal anwaltauskunft.de.
Was war passiert? Streit um einen gemeinsamen Garten
Die betroffenen Grundstücke gehören zwei Nachbarn und sind jeweils mit einem Einfamilienhaus bebaut. Zwischen den Häusern liegt eine unbebaute Grünfläche, die laut Bebauungsplan ausdrücklich als „private Grünfläche“ ausgewiesen ist und nicht bebaut werden darf. Beide Nachbarn sind Miteigentümer dieses Grundstücks.
Die Bauaufsichtsbehörde genehmigte den Beklagten einen Hausanbau, bei dem die Abstandsfläche teilweise in die Mitte dieser gemeinsamen Fläche hineinragte. Begründung: Die Fläche sei faktisch wie eine öffentliche Grünfläche zu behandeln - der Nachbar könne schließlich auch „genauso bauen“. Die Kläger waren damit nicht einverstanden und klagten.
Warum das Gericht die Baugenehmigung für rechtswidrig hält
Das OVG Münster stellte sich auf die Seite der Kläger. Eine private Grünfläche könne nicht mit einer öffentlichen Verkehrs- oder Parkfläche gleichgesetzt werden. Anders als bei öffentlichen Flächen sei bei privaten Grünflächen die dauerhafte Nichtbebauung nicht gesichert - sie könnten veräußert oder umgenutzt werden. Auch sei keine Baulast eingetragen, die die Fläche dauerhaft als Abstandsfläche festschreibe.
Eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften (§ 6 BauO NRW) wäre nur möglich gewesen, wenn neben einem besonderen Interesse des Bauherrn auch die Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen - wie ausreichende Belüftung, Belichtung und Brandschutz - nachgewiesen worden wäre. Daran fehlte es hier.
Rechtsverletzung durch ungenehmigte Nutzung
Das Gericht betonte, dass die Kläger als Miteigentümer der Grünfläche in ihren Rechten verletzt worden seien - ihre Zustimmung sei zwingend erforderlich gewesen. Sie könnten sich auch nicht darauf berufen, dass das Bauvorhaben ohnehin nur geringfügig gegen das Abstandsflächenrecht verstoße. Die Unterschreitung um 1,5 Meter - also um 50 Prozent - sei erheblich und mit den öffentlichen Belangen nicht vereinbar.
Was bedeutet das Urteil für Bauherren und Nachbarn?
Die Entscheidung des OVG Münster schafft Klarheit in einer typischen Nachbarschaftsfrage: Private Gemeinschaftsflächen dürfen nicht ohne weiteres als Abstandsflächen „mitgenutzt“ werden - auch wenn sie unbebaut sind. Wer ohne Zustimmung des Miteigentümers baut, riskiert den Verlust der Genehmigung.
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- red/dav