(DAV). Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist ein schwerwiegender Eingriff in die Rechte eines Beschuldigten. Sie soll sicherstellen, dass von einer Person, die im Verdacht steht, eine Straftat im Straßenverkehr begangen zu haben, keine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht. Doch wie lange darf eine solche Maßnahme andauern?
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über einen Beschluss des Amtsgerichts Bad Homburg vom 12. August 2024 (AZ: 7a Ds 3490 Js 230249/22 (117/24), in dem die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis eines Beschuldigten aufgrund der langen Verfahrensdauer aufgehoben wurde.
Vorläufige Entziehung über zwei Jahre aufrechterhalten
Einem Mann wurde vor über zwei Jahren die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen, nachdem er in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt war. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm fahrlässige Tötung und Gefährdung des Straßenverkehrs vor. Nach Anklageerhebung ging das Verfahren an das Amtsgericht Bad Homburg über. Der Verteidiger des Beschuldigten beantragte die Aufhebung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis.
Urteilsbegründung: Unverhältnismäßige Verfahrensdauer
Das Amtsgericht Bad Homburg gab dem Antrag statt und hob die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis auf. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der langen Verfahrensdauer und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Das Gericht stellte weiter fest: Zwar bestehe nach wie vor ein dringender Tatverdacht, doch sei der Beschuldigte in der Zwischenzeit nicht erneut auffällig geworden. Zudem habe er an einer verkehrspsychologischen Maßnahme teilgenommen. Die lange Verfahrensdauer sei nicht mehr mit dem Beschleunigungsgebot vereinbar.
Laut dem Gericht können strafprozessuale Maßnahmen wie die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht unbegrenzt aufrechterhalten werden. Besonders dann, wenn sich das Hauptverfahren über mehrere Jahre erstreckt, muss eine Neubewertung erfolgen. In diesem Fall sei nach über zwei Jahren die Grenze der Zumutbarkeit erreicht.
Verhältnismäßigkeit und Beschleunigungsgebot:
- Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist ein Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit; schließlich kann man dann nicht Auto fahren.
- Wie alle strafprozessualen Zwangsmaßnahmen unterliegt sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
- Das bedeutet, dass die Belastung des Beschuldigten in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen für die Allgemeinheit stehen muss.
- Zudem gilt das Beschleunigungsgebot: Strafverfahren müssen zügig durchgeführt werden.
Wann ist die Verfahrensdauer zu lang?
- Eine pauschale Antwort gibt es nicht.
- Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an.
- Das Gericht muss berücksichtigen, ob die Verzögerung sachlich gerechtfertigt ist.
- Im Falle des Amtsgerichts Bad Homburgs waren zwei Jahre und ein Monat der Führerscheinentziehung ausreichend für die Feststellung einer unverhältnismäßigen Länge.
- Weitere Aspekte die das Gericht berücksichtigte, waren die Verkehrsteilnahme des Beschuldigten, sowie die Teilnahme an einer Verkehrstherapie.
Das Fazit dieser Entscheidung:
Der Beschluss des Amtsgerichts Bad Homburg zeigt, dass die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nicht beliebig lange andauern darf. Gerichte müssen die Verhältnismäßigkeit und das Beschleunigungsgebot beachten. Beschuldigte und ihre Verteidiger sollten ihre Rechte kennen und bei Verzögerungen aktiv werden.
Quelle: www.verkehrsrecht.de
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- red/dav