Anwältin/Anwalt suchen!

Merkzettel

Es befinden sich noch keine Anwälte in Ihrer Merkliste.

Tipps&Urteile

Voller Hartz IV-Satz auch nach Aufnahme eines auslän­dischen Touristen

(red/dpa). Immer wieder einmal gibt es Streit darüber, ob eine sogenannte Bedarfs­ge­mein­schaft vorliegt, wenn Personen zusammen wohnen. Ist das der Fall, kann der Hartz IV-Satz gekürzt werden. Das Sozial­gericht Gießen hat entschieden, dass eine solche Bedarfs­ge­mein­schaft nicht besteht, wenn der auslän­dische Vater des gemeinsamen Kindes als Tourist bei der Hartz IV-Bezieherin wohnt.

Demnach hat die allein­er­ziehende Frau auch dann einen Anspruch auf den vollen Satz. Das gilt zumindest solange, bis über Aufent­halts­ge­neh­migung und Asylbe­wer­ber­leis­tungen des Vaters entschieden ist. Darüber informiert die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Kürzung von Hartz IV wegen Bedarfs­ge­mein­schaft?

Die Frau lebte mit dem Vater ihres Kindes zunächst in Mexiko. Dann zog sie nach Deutschland und lebt jetzt mit ihrem Kind in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Sie bezieht Leistungen nach dem Sozial­ge­setzbuch II (Hartz IV). Als der Vater des Kindes als Tourist nach Deutschland einreiste, nahm die Frau ihn in ihrem Haushalt auf. Der Sozial­ver­si­che­rungs­träger kürzte ihr daraufhin den Satz um 50 Prozent. Es liege eine Bedarfs­ge­mein­schaft vor, so dass nur die Hälfte der für Mutter und Kind als angemessen angesehenen Kosten sowie der gekürzte Regelsatz bewilligt werden könne.

Der Vater beantragte eine Aufent­halts­ge­neh­migung. Bis zur Entscheidung darüber erhält er keine staatlichen Leistungen. 

Gericht: Keine Bedarfs­ge­mein­schaft –keine Kürzung

Der Frau steht weiterhin der volle Satz zu, entschied das Gericht. Es liege keine Bedarfs­ge­mein­schaft vor. Die Annahme für eine solche sei rein spekulativ und entbehre jeder Grundlage. Der Mann habe erst gut zwei Monate nach seiner Einreise als Tourist einen Aufent­halts­antrag gestellt. Schon daraus folge, dass man zunächst nicht auf eine hinrei­chende Basis für eine Bedarfs­ge­mein­schaft schließen könne.

Der Mann erhalte nach dem Auslän­derrecht bis zur Entscheidung über seinen Antrag keine Leistungen der Grundsi­cherung für Arbeit­su­chende. Er beziehe überhaupt keine staatliche Leistungen. Außerdem sei auch kein Vermögen oder Einkommen nachge­wiesen worden. Es sei daher nicht erkennbar, warum der einfache Regelsatz für allein­er­ziehende Personen gekürzt werden sollte. Der Sozial­ver­si­che­rungs­träger verkenne damit die Bedeutung der Regelleistung als Sicherung des Existenz­mi­nimums.

Sozial­gericht Gießen am 13. August 2013 (AZ: S 26 AS 1436/10)

Quelle: www.dav-sozialrecht.de

Rechts­gebiete
Sozial­hil­ferecht Sozialrecht

Zurück