Wichtiger Unterschied: „Voraussichtlich“ oder „ca.“
Die Formulierung der Lieferzeit macht den Unterschied aus. Nach Ansicht der Gerichte stellen die Angaben zur Versanddauer in der Regel Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Sie sind meist im Zusammenhang mit anderen Hinweisen wie die auf Garantie oder Versandkosten zu finden. Sie stellen also Regelungen hinsichtlich des Kaufvertrages dar, sind somit AGB. Solche sind aber nur dann gültig, wenn sie klar und verständlich sind, und der Kunde sie auch nachvollziehen kann. So entschied das Oberlandesgericht Bremen (AZ: 2 U 42/09), dass die Formulierung „Lieferfrist: ca. 3 Tage“ gültig ist. Die Lieferzeit werde mit einer solchen Formulierung nach dem Verständnis des Kunden hinreichend zuverlässig eingegrenzt.
Anders beurteilt dies das Landgericht Bremen bei der Formulierung „Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage“. In dem Fall hatte der Konkurrent eines Onlinehändlers geklagt. Beide verkaufen im Internet Bar- und Partyartikel. Der Mitbewerber wandte sich gegen eine Internetwerbung seines Konkurrenten auf der Internet-Handelsplattform Amazon. Er beanstandete die Angabe „Voraussichtliche Versanddauer: 1-3 Werktage“, weil er darin einen Wettbewerbsverstoß sah.
Wettbewerbsverstoß mit Folgen
Das sah das Landgericht Bremen genauso. Die Formulierung entspreche nicht dem Bestimmtheitsgebot. „Wird die Angabe zur Versanddauer durch den Zusatz ‚voraussichtlich’ relativiert, kann der Kunde nicht selbst zuverlässig einschätzen, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen die Fälligkeit eintritt und er den Verkäufer in Verzug setzen kann“, führte das Gericht aus. Die Regelung sei damit ungültig und dürfe so in der Internetwerbung nicht mehr verwendet werden.
Der Käufer kann damit die sofortige Lieferung erwarten. Erfolgt diese nicht, gerät der Händler direkt in Verzug – mit allen Rechten für den Käufer, wie etwa Rücktritt vom Kauf oder Schadensersatzansprüche bei nicht rechtzeitiger Lieferung.
Onlinehandel muss reagieren
Besonders pikant sind diese Entscheidungen deshalb, weil die Lieferzeitangaben nicht in der Produktbeschreibung oder den AGB der Händler enthalten waren. Die befanden sich bereits in den Voreinstellungen von Amazon, auf die die Händler keinen Einfluss hatten. Ähnliches fand sich bei ebay. Teilweise sind die Formulierungen bei den großen Online-Händlern bereits angepasst.
Wichtiger Tipp für jeden Händler
Die Deutsche Anwaltauskunft rät daher dringend jedem Händler, die Formulierung „Lieferfrist ca. X Tage“ zu verwenden. Auf das „ca.“ kommt es an!
Oberlandesgericht Bremen am 5. Oktober 2012 (AZ: 2 U 49/12)
- Datum