Einem Zebrastreifen muss sich ein Fahrzeug dann und zwar nur dann mit verminderter Geschwindigkeit nähern, wenn ein Fußgänger den Überweg erkennbar benutzen will. Taucht ein Fußgänger plötzlich auf oder war vorher nicht klar, dass er den Zebrastreifen benutzen will, muss ein Autofahrer aufmerksam sein, aber nicht unbedingt langsamer fahren. Das Gericht in erster Instanz hatte aber in einem solchen Fall die Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung so begründet. Dies sei falsch, entschied das Oberlandesgericht in Stuttgart.
Richtiges Verhalten am Zebrastreifen
In dem von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall kam es zu einem Unfall auf einem Zebrastreifen. Der spätere Angeklagte fuhr mit seinem Auto an einen Zebrastreifen heran, wobei das erstinstanzliche Gericht eine Geschwindigkeit von mindestens 40 km/h zugrunde gelegt hatte. Der dunkel gekleidete Fußgänger überquerte den Zebrastreifen, und es kam zu einem Unfall. Der Fußgänger verletzte sich am Kopf und erlitt mehrere Brüche. Er ist weiterhin beeinträchtigt. Das Amtsgericht in Sigmaringen verurteilte den Autofahrer wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro und zu einem dreimonatigen Fahrverbot.Gegen diese Verurteilung – nicht gegen die zivilrechtliche Haftung – wehrte sich der Autofahrer.
Geringere Geschwindigkeit beim Zebrastreifen nur wenn Fußgänger überqueren wollen
Mit Erfolg. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts spiele bei der Strafzumessung keine Rolle, dass der Autofahrer womöglich seine Geschwindigkeit nicht verringert habe. Man müsse sich einem Zebrastreifen nur dann mit verminderter Geschwindigkeit nähern, wenn ein Fußgänger diesen erkennbar benutzen wolle. Ansonsten reiche eine erhöhte Aufmerksamkeit des Fahrers aus.
"Es gibt also keine allgemeine Verpflichtungen des Kraftfahrzeugfahrers, seine Geschwindigkeit allein deshalb zu verlangsamen, weil die nicht ausschließbare Möglichkeit besteht, ein Fußgänger könne ihn benutzen“, so das Gericht. Die Verpflichtung zur Mäßigung der Geschwindigkeit bestehe selbst dann nicht, wenn Fußgänger parallel zur Fahrbahn neben dem Überweg gingen.
Auch habe das Urteil deswegen aufgehoben werden müssen, weil die vorherige Instanz ein mögliches Mitverschulden des Unfallopfers nicht erkennbar zu Gunsten des Fahrers berücksichtigt habe. Es sehe jedoch danach aus, dass der Fußgänger blindlings über den Zebrastreifen gegangen sei. Fußgänger dürften aber eben nicht blindlings darauf vertrauen, dass Autofahrer sofort anhielten. Sie seien verpflichtet, beim Zebrastreifen zumindest einen beiläufigen Blick zu beiden Seiten zu werfen. Nur so könnten sie sich von der Verkehrslage überzeugen und bei erkennbarer Gefährdung stehen bleiben. Es sei anzunehmen, dass der Fußgänger nicht eine Sekunde gewartet habe, bevor er den Zebrastreifen betreten habe. Ein solches Mitverschulden hätte sich aber strafmildernd auswirken müssen.
Oberlandesgericht Stuttgart am 30. Mai 2014 (AZ: 1 Ss 358/14)
Quelle: www.verkehrsrecht.de
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