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Unterschiedliche Klassen­zu­sam­men­setzung – Diskri­mi­nierung?

(dpa/red). Wie sich eine Klasse zusammensetzt, darüber entscheidet die Schule. Das gilt auch für den Anteil von Mitschülern nichtdeutscher Herkunft, wie das Berliner Verwal­tungs­gericht klarstellte.

In dem von der Arbeits­ge­mein­schaft Ausländer- und Asylrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitgeteilten Fall besuchten drei Schüler mit Migrati­ons­hin­tergrund gemeinsam die siebte Klasse eines Gymnasiums, in der über die Hälfte der Mitschüler ebenfalls nichtdeutscher Herkunft waren. Es handelte sich um ein Probejahr, das alle drei wegen mangel­hafter Leistungen nicht bestanden. Die drei Schüler wechselten an eine integrierte Sekundar­schule.

Stellver­tretend für sie klagten die Eltern. Das Gericht sollte feststellen, dass das Nichtbe­stehen des Probejahres rechts­widrig sei. Die Zusammen­setzung ihrer Klasse sei diskri­mi­nierend gewesen: Während der Anteil der Schüler nichtdeutscher Herkunft in ihrer Klasse bei 63 Prozent gelegen habe, seien es in einer Parallel­klasse – von insgesamt acht – lediglich 13 Prozent gewesen. Deswegen hätten die Schüler trotz der mangel­haften Noten versetzt werden müssen.



Gericht lehnt Versetzung trotz mangel­hafter Noten ab

Das Gericht sah jedoch keine Diskri­mi­nierung. In der Tat seien deutsche Schulen verpflichtet, deutsche und nichtdeutsche Schüler gemeinsam zu unterrichten. Sie entscheide jedoch über die Bildung von Klassen und die Zuweisung einzelner Schüler zu bestimmten Klassen. Bei diesen Maßnahmen habe sie einen weiten Gestal­tungs­spielraum. Eine Schule mit einem hohen Anteil von Schülern mit Migrati­ons­hin­tergrund müsse diese also nicht gleichmäßig auf alle Klassen verteilen. Im vorlie­genden Fall lasse sich nicht belegen, dass die Klassen­zu­sam­men­setzung eine diskri­mi­nierende Situation geschaffen hätte – sie also der Grund sei, warum die betroffenen Schüler nicht die erforder­lichen schulischen Leistungen erbracht hätten. Selbst dann hätte man jedoch nicht anders entscheiden dürfen, als die Schüler nicht zu versetzen. Die Richter verwiesen darauf, dass in einer Klasse mit vergleichbar hohem Anteil von Schülern mit Migrati­ons­hin­tergrund lediglich ein Schüler das Probejahr nicht bestanden habe. In einer anderen Klasse mit nur 13 Prozent nichtdeutscher Schüler seien dagegen fünf Schüler betroffen gewesen.

Keine Chancen­gleichheit bei ungleich zusammen­ge­setzten Klassen

„Die unpari­tä­tische Zusammen­setzung der Klassen verhindert Chancen­gleichheit für deutsche und nichtdeutsche Schüler“, erklärt Rechts­anwalt Thomas Oberhäuser von  der DAV-Arbeits­ge­mein­schaft Ausländer- und Asylrecht. Zwar könne, wie das Verwal­tungs­gericht zu Recht entschieden habe, aus der Zusammen­setzung der Klasse nicht ohne weiteres auf die Rechts­wid­rigkeit von Prüfungs­ent­schei­dungen geschlossen werden. Eine unausge­wogene Zusammen­setzung von Klassen biete aber Nährboden für Chancen­un­gleichheit – und sollte schon deshalb nicht im Interesse der Schule sein, weil andernfalls der Verdacht einer Diskri­mi­nierung entstehe.

Berliner Verwal­tungs­gericht am 26. September 2013 (AZ: VG 3 K 269.12, VG 3 K 270.12 und VG 3 K 271.12)

Rechts­gebiete
Migrati­onsrecht

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