In dem von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall kündigte der Arbeitgeber einer Vollzeitverkäuferin noch in der Probezeit und stellte sie sofort frei. Obwohl die Frau arbeitsunfähig geschrieben war, bestand der Arbeitgeber auf sofortiger Herausgabe von Firmeneigentum. Die Mitarbeiterin kam dem nach. Einen Tag später betrat sie erneut die Filiale, in der sie gearbeitet hatte, um einen vergessenen Regenschirm abzuholen. Dabei kam es zu einem Wortwechsel zwischen der Frau, dem Shop-Leiter und der anwesenden neuen Mitarbeiterin.
Unter anderem soll die Frau den Geschäftsführer als Arschloch bezeichnet haben und zu ihrer Nachfolgerin gesagt haben, sie werde auch nur verarscht und angelogen. Die neue Mitarbeiterin erklärte in diesem Gespräch, sie werde ihre eigenen Erfahrungen machen. Drei Tage später beendete sie das Arbeitsverhältnis.
Unwahre Tatsachenbehauptungen – Ehrverletzung und Imageschaden
Der Arbeitgeber sah in den Äußerungen eine Beleidigung des Geschäftsführers, eine Beeinträchtigung der Hierarchie des Unternehmens und die Aufstellung unwahrer ehrverletzender und imageschädigender Tatsachenbehauptungen. Es bestehe Wiederholungsgefahr.
Die Frau bestritt, den Geschäftsführer als Arschloch bezeichnet zu haben. Sie räumte lediglich ein, möglicherweise etwas Vergleichbares „vor sich hingemurmelt“ zu haben. Auch die andere Äußerung bestritt sie. Im Übrigen handele es sich um eigene, schutzwürdige Meinungsäußerungen, die auf dem persönlichen Vertragsverlauf und der Kündigungssituation beruhten. Es bestehe keine Wiederholungsgefahr.
Das Unternehmen verlangte von der gekündigten Mitarbeiterin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Darin sollte sie sich verpflichten, konkret bezeichnete – allerdings zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerin strittige – Äußerungen wörtlich oder sinngemäß zu unterlassen. Anderenfalls sollte sie für jeden einzelnen Fall eine Strafe von mehr als 5.000 Euro zu zahlen.
Die Frau war jedoch nicht bereit, die Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Sie versicherte, das sie sich über das Unternehmen und den Geschäftsführer seit der Kündigung nicht mehr geäußert habe und auch nicht mehr äußern werde. Einem Vergleichsvorschlag hatte sie zugestimmt, ihr früherer Arbeitgeber jedoch nicht.
Vergleichsbereitschaft und keine Wiederholungsgefahr: Gericht weist Klage ab
Die Klage des Arbeitgebers blieb erfolglos, da die Richter des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein keine Wiederholungsgefahr erkennen konnten. Es spreche gegen eine Wiederholungsgefahr, wenn sich ein Arbeitnehmer einmalig und dies im Rahmen einer Eskalation bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ehrverletzend geäußert habe. Im vorliegenden Fall habe es nur ein einziges Gespräch gegeben, in dem die Äußerungen gefallen sein sollen. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass sich die Frau erneut über den früheren Arbeitgeber äußern werde. Die Bemerkungen seien in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kündigung und der Forderung des Arbeitgebers gefallen, die Mitarbeiterin müsse trotz Erkrankung und noch laufender Kündigungsfrist sofort Gegenstände an ihn herausgeben. Sie habe außerhalb des Rechtsstreits nach dieser Auseinandersetzung keinerlei Berührungspunkte und Kontakt mehr zu ihrem früheren Arbeitgeber gehabt.
Auch dass die Frau umgehend erklärt habe, sie werde keine Äußerung tätigen, die ihn in irgendeiner Form beleidigen könnte, und stets Vergleichsbereitschaft gezeigt habe, werteten die Richter zu ihren Gunsten. Dass sie keine strafbewehrte Unterlassungserklärung habe abgeben wollen, sei dagegen kein Indiz dafür, dass Wiederholungsgefahr bestehe.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein am 27. August 2014 (AZ: 3 Sa 153/14);
das Urteil ist – noch – nicht rechtskräftig.
Quelle: www.dav-arbeitsrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 20.11.2014