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Unklare Gratifi­ka­ti­ons­re­gelung im Arbeits­vertrag

(dpa/red). Ein Klausel, die unklar formuliert ist, kann ungültig sein – unwirksam, wie der Jurist sagt. Doch wann ist das der Fall?

Jedenfalls dann, wenn ein klare, nicht auslegungs­be­dürftige Formulierung möglich wäre, entschied das Landes­ar­beits­ge­richts Rheinland-Pfalz. 

Weihnachtsgeld zurück­gezogen

Die Frau arbeitete bei ihrem Arbeitgeber als Bürokraft zu einem durchschnitt­lichen Brutto­mo­nats­gehalt von 2.500 Euro. Mit der November­ab­rechnung 2013 erhielt sie ein Weihnachtsgeld in Höhe von 900 Euro. Nach einer Ausein­an­der­setzung zwischen der Mitarbeiterin und ihrem Arbeitgeber kündigte dieser ihr fristgerecht. In der Schluss­ab­rechnung für Februar 2014 brachte er das Weihnachtsgeld 2013 wieder in Abzug, indem er den Lohn entsprechend kürzte. Er bezog sich dabei auf eine Klausel des Arbeits­vertrags:

Gratifi­ka­tionen können in voller Höhe zurück­ge­fordert werden,

a) wenn die Arbeit­nehmerin, die mehr als Euro 100,00 jedoch weniger als einen Monatslohn erhalten hat, vor dem 31. März des Folgejahres aufgrund eigener Kündigung oder wegen eines in ihrer Person liegenden Grundes ausscheidet... "

Die Frau klagte. Die vertragliche Rückzah­lungs­klausel sei unwirksam, weil sie den Arbeit­nehmer zu stark benach­teilige. Die Bindung des Arbeit­nehmers bis zum 31. März des Folgejahres bedeute, dass das Arbeits­ver­hältnis in einer Zeit bestehen müsse, die außerhalb des für das Weihnachtsgeld geltenden Bezugs­zeitraums liege.

Gratifi­kation muss gezahlt werden

Die Richter in beiden Instanzen entschieden: Der Frau steht das Weihnachtsgeld zu.

Das Landes­ar­beits­gericht zweifelte an, dass die Voraus­set­zungen der verein­barten Rückzah­lungs­klausel überhaupt gegeben seien. Die Frau sei ausgeschieden, weil ihr der Arbeitgeber nach einem Streit ordentlich gekündigt habe. Es erschließe sich nicht, „warum dieser Lebens­sach­verhalt ein in der Person der Klägerin liegender Grund für das Ausscheiden sein“ solle. Dies sei nur dann anzunehmen, wenn es aus weiteren Umständen ersichtlich würde.

Es bleibe außerdem unklar, was mit "in der Person" des Arbeit­nehmers liegender Grund gemeint sei. Dies führe dazu, dass die Regelung zusätzlich auch rechts­un­wirksam sei. Zwar führe nicht jede Auslegungs­be­dürf­tigkeit einer Regelung zu ihrer Unwirk­samkeit. Hier jedoch wäre eine klare und eindeutige Formulierung möglich gewesen. „Lässt sich jedoch eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklar­heiten“, so die Richter.

Landes­ar­beits­gericht Rheinland-Pfalz am 22. Januar 2015 (AZ: 3 Sa 574/14)

Rechts­gebiete
Arbeitsrecht Vertragsrecht

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