Das Oberlandesgericht Hamm hatte über die Haftung bei dem Zusammenstoß eines Pkw mit dem Zug einer Privatbahn auf einem Bahnübergang der Deutschen Bahn zu entscheiden. Ursache war eine Nachlässigkeit des Schrankenwärters. Ergebnis: Das Unfallopfer kann sich an beide Unternehmen gleichermaßen wenden. Beide haften gemeinsam, so die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Auto kollidiert mit Privatbahn
Im Juni 2012 stieß der Wagen eines Autohauses auf einem Bahnübergang mit dem Zug einer Privatbahn aus Bielefeld zusammen. Eigentümerin der Infrastrukturanlagen der Bahnstrecke ist die Deutsche Bahn. Bei dem normalerweise durch Andreaskreuz, Lichtzeichenanlage und automatische Schrankenanlage gesicherten Bahnübergang lag zum Unfallzeitpunkt ein technischer Defekt vor.
Deswegen sicherte ein Schrankenwärter den Bahnübergang. Trotz telefonischer Zugankündigung hatte der es jedoch vor dem Unfall versäumt, das Warnlicht einzuschalten und die Schranke herunterzulassen. Der Fahrer des Wagens leitete eine Vollbremsung ein, nachdem der Zug Warnsignale abgegeben hatte, ohne aber die Kollision verhindern zu können. An dem Fahrzeug entstand ein Totalschaden, den das Autohaus auf rund 26.000 Euro bezifferte. Den Schaden und weitere Kosten forderte das Autohaus zurück. Es klagte gegen die Deutsche Bahn und die Privatbahn.
Vollen Schadensersatz von den Bahnbetreibern
Schon das Landgericht in Detmold gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung und sprach dem Kläger insgesamt rund 28.000 Euro Schadensersatz zu. Diesen hätten ihm Deutsche Bahn und Privatbahn als Gesamtschuldner zu zahlen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts verpflichtet schon der erste Paragraph des Haftpflichtgesetzes die Deutsche Bahn und die Privatbahn zum Schadensersatz. Die Deutsche Bahn betreibe die Infrastruktur der Strecke, die Privatbahn den Eisenbahnverkehr. Sie seien selbständig organisierte Teile eines einheitlichen Eisenbahnunternehmens und jeder für sich haftender Betriebsunternehmer im Sinne des Haftpflichtgesetzes.
Beide trügen auch die Verantwortung für das Versäumnis des Schrankenwärters. Der mit der Sicherung der Gleisanlagen betraute Schrankenwärter und die für die Infrastruktur verantwortliche Deutsche Bahn bildeten eine Haftungseinheit. Haften würde auch die Privatbahn, die mit der Deutschen Bahn eine gemeinsame Betriebseinheit bilde. Hinzu komme, dass sich das Versäumnis des Schrankenwärters in gleicher Weise gefährdend auf die Bahnanlage der Deutschen Bahn und den Betrieb des Schienenfahrzeuges der Privatbahn ausgewirkt habe.
Demgegenüber sei ein Mitverschulden des Fahrers des Wagens nicht feststellbar. Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs trete hinter das Verschulden der beiden Unternehmen zurück.
Oberlandesgericht Hamm am 11. Juni 2015 (AZ: 6 U 145/14)
Quelle: www.verkehrsrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.07.2015