Das berichtet die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und verweist auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz.
Vermittelt durch eine Leiharbeitsfirma bewarb sich die spätere Klägerin bei einem Designerschmuckbetrieb als Kommissioniererin. Unter anderem hatte sie ein Gespräch mit dem Logistikleiter. Nach ihrer Schilderung habe dieser, als er ihr die Tür öffnete, sie nur wortlos angeschaut, ohne etwas zu sagen. Daraufhin habe sie ihn gefragt, ob er der Logistikleiter sei und sich vorgestellt. Er habe erwidert, man habe ihm eine Frau angekündigt. Auf ihre Bestätigung hin habe er nur wiederholt, man habe ihm aber eine Frau angekündigt. Sie habe dann erneut bekräftigt, dass sie es sei. Darauf habe der Mann dann noch hinter die Tür geschaut und so getan, als suche er dort eine Frau. Nach einigem Zögern sei er dann mit ihr ins Lager gegangen und habe ihr in einem kurzen Gespräch von wenigen Minuten erklärt, was die Arbeitsaufgaben der Kommissioniererinnen seien.
Benachteiligung aufgrund des Geschlechts?
Als ihre Bewerbung abgelehnt wurde, klagte sie auf Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts. Durch das Verhalten des Logistikleiters sei ihre geschlechtliche Identität angezweifelt worden. Er habe sie dadurch herabgewürdigt.
Keine Benachteiligung nach dem AGG
Die Klage blieb erfolglos. Die Klägerin habe keine Indizien vorgelegt, die eine Benachteiligung wegen eines der Diskriminierungsmerkmale des § 1 des AGG vermuten ließen. Der Paragraph besagt:
„Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“
Nach Auffassung der ersten Instanz lag keine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts oder des „vermeintlichen Geschlechts“ vor. Die Frau habe in ihrer Klage weder eine bestimmte sexuelle Identität „im Gesetzessinne“ – also männlich oder weiblich – behauptet, noch dass sie deswegen benachteiligt worden sei.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte die Klägerin Berufung ein und wies nun darauf hin, dass sie transsexuell sei. Sie argumentierte: Diskriminierungen erlebten transgeschlechtliche Menschen vorwiegend dann, wenn ihr Trans-Sein bekannt werde oder weil sie in ihrem gewählten Geschlecht als untypisch auffielen bzw. weil sie sich keinem der zwei anerkannten Geschlechter zuordnen wollten. Bewerte man den vorliegenden Sachverhalt unter dem Aspekt der sexuellen Identität, bestehe die Gefahr, dass das rechtliche Merkmal ‚Geschlecht’ mit der engen zweigeteilten Ausrichtung auf ‚Mann’ und ‚Frau’ keine Ausweitung erfahre. Das führe zu erheblichen Diskriminierungen im gesellschaftlichen Leben und im Arbeitsleben. Auch der Europäische Gerichtshof sehe im Fall der Diskriminierung wegen Transsexualität eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Letztlich sei durch das Verhalten des Logistikleiters ihr Geschlecht in Frage gestellt worden. Schon daraus ergebe sich eine Benachteiligung. Es gebe keine objektiven Gründe dafür, dass ihre Bewerbung abgelehnt worden sei.
Doch auch die Richter der zweiten Instanz konnten keine Benachteiligung erkennen. Sie sahen keinen Zusammenhang zwischen der Ablehnung und der Transsexualität der Bewerberin. Weder ihre Ansprechpartnerin bei der Zeitarbeitsfirma noch der Logistikleiter hätten von der Transsexualität der Bewerberin gewusst – weswegen sie sie auch nicht „wegen des Geschlechts“ hätten benachteiligen können.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 9. April 2014 (AZ: 7 Sa 501/13)
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