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Sturz auf Kirmes – Kirmes­betrieb haftet für ungesi­cherte Leitung

(DAV). Ob Imbissstand oder Riesenrad – alle Stände auf der Kirmes sind auf die Versorgung mit Strom angewiesen. Schausteller müssen ihre Versor­gungs­lei­tungen so legen, dass kein Risiko für Besucher und Anwohner entsteht. Bei einem Sturz muss gegebe­nenfalls der zuständige Kirmes­betrieb haften.

Nämlich dann, wenn er gegen seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verstoßen hat. Das ist dann der Fall, wenn er oberir­dische Versor­gungs­lei­tungen nicht sorgfältig verlegt hat. Die Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm. 

Sturz auf dem Jahrmarkt

Die Frau stürzte im September 2009 während der alljährlich stattfin­denden Pflaumen­kirmes auf dem Bürgersteig vor ihrem Wohnhaus über lose verlegte Versor­gungs­lei­tungen. Die Kabel waren nicht abgedeckt. Sie brach sich den Oberschen­kelhals und ihren rechten Arm, musste operativ versorgt und stationär behandelt werden. Von dem Kirmes­betrieb verlangte sie Schadens­ersatz, unter anderem Schmer­zensgeld in Höhe von 40.000 Euro.

In der ersten Instanz unterlag die Frau vollständig. Ihre Berufung war teilweise erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm sprach ihr – unter Berück­sich­tigung eines Mitver­schuldens – 50-prozentigen Schadens­ersatz zu. Die Höhe des Schadens muss das Landgericht nun in einem Betrags­ver­fahren klären. 

Verstoß gegen Verkehrs­si­che­rungs­pflicht

Der Betrieb hafte, weil er seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht verletzt habe. Während einer Kirmes müssten Stände und mobile Unterkünfte der Schausteller über oberirdisch verlegte Leitungen versorgt werden. Dabei lasse es sich kaum vermeiden, dass diese Leitungen auch Laufwege der Besucher und die Bürger­steige der Anwohner überquerten. Um das Stolper- und Sturzrisiko klein zu halten, müssten die Leitungen sorgfältig verlegt und abgedeckt werden. Für das Gericht war auch klar, dass auf einer Kirmes die Besucher durch die wechselnden Attrak­tionen abgelenkt sind. 

Diese Sorgfalts­pflicht gelte auch für Leitungen außerhalb des eigent­lichen Kirmes­platzes, mit denen zum Beispiel die Wohnwagen der Schausteller versorgt würden. Ohne erkennbare Strecken­führung, lose und ohne Abdeckung verlegte Leitungen erhöhten das Stolper- und Sturzrisiko und seien eine Gefahren­quelle.

Dabei sei es unerheblich, ob dort ausschließlich Versor­gungs­lei­tungen des beklagten Betriebs oder auch anderer Schaustel­ler­be­triebe verlegt seien. Über welches Kabel die Frau genau gestürzt sei, bedürfe keiner Aufklärung, da der beklagte Betrieb für die unzurei­chende Sicherung der Kabel verant­wortlich sei. Auch habe er nicht nachweisen können, dass die Frau über das Kabel eines anderen Betriebs gestürzt sei. Daher werde zugunsten der Frau zudem vermutet, dass die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht­ver­letzung des Betriebes den Schaden mit verursacht habe. 

Mitver­schulden wird angerechnet

Die Frau trage allerdings ein 50-prozentiges Mitver­schulden. Die Kabel hätten bereits seit einigen Tagen vor ihrem Grundstück gelegen und ihr bekannt sein müssen.

Oberlan­des­gericht Hamm am 24. März 2015 (AZ: 9 U 114/14)

Quelle: www.verkehrsrecht.de

Rechts­gebiete
Haftungsrecht (freie Berufe) Unfall­ver­si­che­rungsrecht Versiche­rungsrecht

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