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Schmer­zensgeld wegen Befund­er­he­bungs­fehler

(DAV). Kommt ein Patient mit Beschwerden unbekannten Ursprungs zum Arzt, so muss dieser bei seiner Untersuchung mögliche Erkran­kungen mit schwer­wie­genden Folgen ausschließen können. Um gravierende Gefahren und Notfall­si­tua­tionen zu vermeiden, ist es daher häufig notwendig, weitere Untersu­chungen zu veranlassen. Auf seine Anfangs­diagnose darf der Arzt sich dann nicht verlassen.

Tritt ein schwererer Krankheits­verlauf ein, weil sich der Arzt nur auf seine Anfangs­diagnose verlassen hat, muss er unter Umständen haften, berichtet die Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Die Frau hatte wegen Beschwerden im Rücken- und Gesäßbereich eine Ärztin aufgesucht. Diese diagnos­ti­zierte Ischias­be­schwerden, verabreichte eine Spritze und verordnete ein Schmerz­mittel. Darüber hinaus ordnete sie an, die betroffene Stelle nachhaltig warm zu halten.

Falsche Anfang­diagnose

Kurz darauf wurde bei der Frau eine Entzündung des Fettgewebes und der Muskulatur im Bereich des Afters entdeckt. Wegen des Verdachtes auf eine mit dem Absterben des Gewebes einher­gehende bakterielle Infekti­ons­krankheit der Unterhaut und Faszien mussten die Ärzte deshalb eine Notope­ration durchführen. Dabei wurde auch ein Teil des Schließ­muskel entfernt. Insgesamt waren fünf Nachope­ra­tionen notwendig. Die Frau klagte auf Schadens­ersatz.

Schmer­zensgeld wegen Behand­lungs­fehler

Das Gericht sprach der Frau 22.000 Euro Schmer­zensgeld zu. Die behandelnde Ärztin habe einen Behand­lungs­fehler begangen, da sie den Beschwerden der Patientin nicht ausreichend nachge­gangen sei. Die Richter beriefen sich auf das Gutachten eines Sachver­ständigen. Dieser habe ausgeführt, dass bei Kreuzbe­schwerden gerade auch solche Symptome abzuklären seien, die auf andere Erkran­kungen mit dringendem Handlungs­bedarf hinwiesen. So müssten Ursachen zum Beispiel Frakturen oder Tumore ausgeschlossen werden.

Die Ärztin hätte sich also nicht auf ihre Anfangs­diagnose verlassen dürfen, sondern hätte weitere Untersu­chungen – auch die Inspektion der Analregion – veranlassen müssen. Laut Gutachter wäre dann auch die Gewebe­ent­zündung im Gesäßbereich zu diagnos­ti­zieren gewesen.

Hätte die Ärztin die Ursache rechtzeitig erkannt, wäre zwar ebenfalls eine stationäre Einweisung mit operativer Behandlung erforderlich gewesen. Bei Beginn der Behandlung schon drei Tage früher wären aber die Folgen deutlich milder ausgefallen.  

Beweis­last­umkehr: Ärztin muss korrektes Handeln nachweisen

Im vorlie­genden Fall rechtfertige der einfache Befund­er­he­bungs­fehler eine Beweis­last­umkehr, führte das Gericht aus. Das heißt, nicht die Patientin muss das Verschulden der Ärztin nachweisen, sondern diese, dass sie keine Schuld trifft. Eine solche Beweis­last­umkehr ist bei einem einfachen Befund­er­he­bungs­fehler unter bestimmten Voraus­set­zungen gerecht­fertigt. Sie ergebe sich dann, wenn die unterlassene Befund­er­hebung mit hoher Wahrschein­lichkeit zu einem Ergebnis geführt hätte, auf das der Arzt hätte reagieren müssen, und sich die Verkennung des Befundes oder das Verhalten des Arztes auf dessen Basis als grob fehlerhaft darstellen würde.

Oberlan­des­gericht Hamm am 31. Oktober 2014 (AZ: 26 U 173/13)

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Rechts­gebiete
Medizinrecht

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