Die Klage einer Unfallgeschädigten auf weitere 21.000 Euro Schmerzensgeld wegen einer behaupteten Wirbelsäulenfraktur wurde abgewiesen. Das gerichtliche Verfahren ergab, dass ein Bruch im Bereich der Wirbelsäule überhaupt nicht vorgelegen hatte. Aber nur für Verletzungen, die Unfallfolgen sind, kann Schmerzensgeld beansprucht werden, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Auffahrunfall mit Folgen
Eine Autofahrerin hatte an einer Einmündung angehalten, um den bevorrechtigten Verkehr vorbeizulassen. Dabei fuhr ihr eine andere Verkehrsteilnehmerin von hinten auf. Die Fahrerin im vorderen Fahrzeug befand sich fünf Tage im Krankenhaus und musste anschließend auf ärztlichen Rat für zweieinhalb Wochen ein Stützkorsett tragen. Die Haftpflichtversicherung der Unfallverursacherin zahlte 4.000 Euro Schmerzensgeld. Die Frau behauptete jedoch, dass ihr aufgrund des Unfalls ein Brustwirbelkörper (ein Knochen der Wirbelsäule) gebrochen sei. Daraus resultiere eine dauerhafte und schmerzhafte Höhenminderung dieses Brustwirbelkörpers. Wegen der Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen forderte sie ein Schmerzensgeld von weiteren 21.000 Euro, somit insgesamt 25.000 Euro. Die Haftpflichtversicherung bestritt, dass es überhaupt zu einer Fraktur gekommen sei.
Kein Schmerzensgeld für nur angebliche Verletzung
Zunächst wies das Landgericht Coburg die Klage nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens ab. Der Gutachter hatte festgestellt, dass die Frau keine Fraktur des Brustwirbelkörpers erlitten hatte. Zwar waren in diesem Bereich etliche Beschwerden festzustellen, diese führte der Sachverständige aber eindeutig auf eine andere Erkrankung zurück. Einen Bruch durch den Unfall schloss er aus, eine Zerrung der Muskulatur durch den Unfall dagegen nicht. Das Landgericht Coburg ging ebenfalls von einer solchen Zerrung der Muskulatur aus und berücksichtigte, dass die Frau auf ärztlichen Rat für die Dauer von zweieinhalb Wochen ein Stützkorsett tragen musste. Hierfür hielt es das bereits gezahlte Schmerzensgeld von 4.000 Euro für angemessen. Das Gericht führte aus, dass, selbst wenn das Tragen des Stützkorsetts nicht notwendig gewesen wäre, dies nicht zu Lasten der Frau gehen dürfe. Die Haftpflichtversicherung hätte jedoch ausreichend Schmerzensgeld gezahlt, da die benannten weiteren Beschwerden nicht auf den Unfall zurückzuführen seien.
Sachverständigengutachten zählt mehr als ärztliche Auskunft
Mit diesem Urteil wollte sich die Frau jedoch nicht zufrieden geben und zog vor das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg. Dort argumentierte sie vor allem, dass ihre behandelnden Ärzte unmittelbar nach dem Unfall von einer Fraktur ausgegangen seien. Deshalb müsse das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen falsch sein. Das OLG Bamberg führte aus, dass die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen überzeugend seien. Er habe die Diagnose und Unterlagen der behandelnden Ärzte gekannt. Darüber hinaus hätte der gerichtliche Sachverständige aber auch eine Vielzahl weiterer Behandlungsunterlagen zur Verfügung gehabt, insbesondere Röntgenbilder, Aufnahmen eines Computertomografen und eines Magnetresonanztomografen. Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse konnte der Sachverständige mit seiner besonderen Erfahrung als Oberarzt einer Universitätsklinik und Privatdozent feststellen, dass eine Fraktur nicht vorhanden war. Die behandelnden Ärzte hatten nicht so umfangreiches Untersuchungsmaterial bei Erstellung ihrer Diagnose zur Verfügung. Die Frau konnte daher nicht mit einem höheren Schmerzensgeld rechnen.
Landgericht Coburg am 30. September 2013 (AZ: 14 O 616/12);
Oberlandesgericht Bamberg am 22. November 2013 (AZ: 5 U 195/13)
Quelle: www.verkehrsrecht.de