Anwältin/Anwalt suchen!

Merkzettel

Es befinden sich noch keine Anwälte in Ihrer Merkliste.

Tipps&Urteile

Schmer­zensgeld bei Anwendung einer Therapie zweiter Wahl

(DAV). Ein Patient hat bei einem Behand­lungs­fehler Anspruch auf Schmer­zensgeld. Der Fehler muss aber nachge­wiesen werden. Liegt er vor, ist bei der Bemessung des Schmer­zens­geldes davon auszugehen, dass weitere medizi­nische Maßnahmen allein wegen des Behand­lungs­fehlers notwendig waren. Der Arzt haftet.

So musste ein Hautarzt einem Patienten Schmer­zensgeld zahlen, weil er eine Hautkrebs­er­krankung – ein Basalzell­karzinom an der rechten Wange – mit einer fotody­na­mischen Therapie und nicht chirurgisch behandelt hatte. Er hatte den Patienten auch nicht ordnungsgemäß über die alternative chirur­gische Behand­lungs­methode aufgeklärt. Die Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über eine entspre­chende Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm.

Hautkrebs nicht nach „goldenem Standard“ behandelt

Beim einem 73 Jahre alten Mann diagnos­ti­zierte der Hautarzt im Jahre 2005 ein Basalzell­karzinom an der rechten Wange. Auf Anraten des Mediziners entschied sich der Patient, der auch zu einer Operation bereit gewesen wäre, für eine fotody­na­mische Therapie. Diese wurde im November 2005 durchgeführt. Im Jahre 2008 trat die Krebser­krankung erneut auf und musste in den folgenden Jahren mehrfach operativ behandelt werden. 

Mit der Begründung, sein Arzt habe ihn fehlerhaft mit einer fotody­na­mischen Therapie behandelt und nicht ausreichend aufgeklärt, verlangte der Mann Schadens­ersatz, unter anderem ein Schmer­zensgeld von 15.000 Euro. Das Landgericht in Bielefeld wies die Klage noch ab. Gegen die Entscheidung legte der Mann Berufung ein. 

Arzthaftung bei Behandlung mit Therapie zweiter Wahl

Das Oberlan­des­gericht in Hamm verurteilte den Arzt, an den Mann 16.140,27 Euro zu zahlen. Nach Auffassung des Gerichts ist der Arzt auch verpflichtet, seinem früheren Patienten sämtliche weiteren materiellen sowie die zukünftigen – nicht vorher­sehbaren – immate­riellen Schäden zu ersetzen.  

Der Arzt habe den Patienten fehlerhaft mit einer fotody­na­mischen Therapie behandelt und ihn nicht ordnungsgemäß über alternative Behand­lungs­me­thoden aufgeklärt. Nach dem Gutachten des medizi­nischen Sachver­ständigen ist die chirur­gische Therapie die standard­mäßige Therapie bei einem Basalkarzinom (Hautkrebs). Die fotody­na­mische Therapie zeige zwar die besseren kosmetischen Ergebnissen und heile auch schneller ab. Eine offene Operation bringe jedoch die besseren Ergebnisse. Daher hätte der Arzt seinem Patienten zu dieser Behandlung raten müssen. 

Die Behandlung im November 2005 sei auch deswegen rechts­widrig gewesen, weil der Arzt den Patienten nur unzureichend über die Chancen und Risiken einer Therapie und die in Betracht kommende Behand­lungs­al­ter­native eines chirur­gischen Eingriffs aufgeklärt habe. Das habe sich aus der Anhörung der Parteien ergeben.

Folgebe­hand­lungen beim Schmer­zensgeld berück­sichtigen

Bei der Bemessung des Schmer­zensgelds berück­sichtigte das Gericht, dass sich der Mann weiteren Eingriffen unterziehen musste. Diese seien bei einer leitli­ni­en­ge­rechten chirur­gischen Entfernung des Basalzell­kar­zinoms mit großer Wahrschein­lichkeit unnötig gewesen.

Es liege ein grober Behand­lungs­fehler vor. Dieser sei anzunehmen, weil der Arzt den so genannten "goldenen Standard" verlassen habe. Er habe dem Patienten, ohne ihn hierauf hinzuweisen, nicht zur Operation als der Therapie erster Wahl geraten, obwohl dieser bereits zur Operation entschlossen gewesen sei. 

Oberlan­des­gericht Hamm am 25. Februar 2014 (AZ: 26 U 157/12)

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Rechts­gebiete
Medizinrecht

Zurück