Das hat nun das Bundesverwaltungsgericht mit einer Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden: Großeltern haben gegenüber dem Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Vollzeitpflege der Enkel. Dies gilt auch dann, wenn das Jugendamt nicht vor die Wahl gestellt worden ist, entweder zu zahlen oder sich um eine andere Pflegemöglichkeit für die Kinder kümmern zu müssen. Es ist daher nicht notwendig, dass die Großmutter dem Jugendamt droht, die Pflege einzustellen, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Großmutter nimmt Enkelkinder auf
Die spätere Klägerin hatte ihre beiden Enkelkinder bei sich aufgenommen. Die alleinstehende Mutter der Kinder sorgte nicht für deren Erziehung. Das Amtsgericht übertrug der Großmutter das Sorgerecht für die Kinder. Sie beantragte daraufhin beim Jugendamt die Kostenübernahme für die Vollzeitpflege der Kinder. Das lehnte das Jugendamt ab: Nach seiner Auffassung waren die Kinder auch bisher schon gut bei der Frau untergebracht. Die Großmutter hatte das Jugendamt nämlich nicht ernsthaft vor die Alternative gestellt, für ihre Entlohnung zu sorgen oder anderenfalls die Vollzeitpflege aufzugeben.
Antrag auf Pflegegeld in mehreren Instanzen erfolgreich
Die Großmutter hatte vor dem Verwaltungsgericht Neustadt Erfolg. Dagegen legte das Jugendamt Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz ein. Das stellte sich auf die Seite des Jugendamtes. Die Großmutter habe ihre Bereitschaft zur weiteren unentgeltlichen Pflege der Enkelkinder nicht in der Weise zurückgezogen, dass sie das Jugendamt vor die Wahl gestellt hätte, ihr Pflegegeld zu zahlen oder die Betreuung der Kinder einzustellen.
Bundesverwaltungsgericht: Pflegegeld auch für Großmutter
Das Bundesverwaltungsgericht kassierte die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Koblenz. Die Klägerin habe das Jugendamt nicht vor die Wahl stellen müssen, sie zu bezahlen, oder anderweitig für die Pflegekinder zu sorgen. Die Leipziger Richter rüffelten ihre Kollegen in Koblenz. Die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei überholt. Dies habe der Gesetzgeber bereits 2005 mit einer Gesetzesänderung deutlich zum Ausdruck gebracht. Damit sei die Vollzeitpflege durch unterhaltspflichtige Verwandte und damit auch die Gewährung von Pflegegeld an diese unter erleichterten Voraussetzungen zugelassen worden.
Hier sei die Vollzeitpflege der Enkelkinder durch die Großmutter notwendig, da die leiblichen Eltern dazu nicht in der Lage seien. Damit seien die Voraussetzungen für eine Hilfe zur Erziehung erfüllt. Das Jugendamt muss daher Pflegegeld bezahlen.
Bundesverwaltungsgericht am 9. Dezember 2014 (AZ: 5 C 32.13)
Quelle: www.dav-sozialrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 24.02.2015