So können Behörden auch etwa dann für alle verbindliche Schilder aufstellen, wenn es keine Rechtsgrundlage dafür gibt. Das entschied das Oberlandesgericht Hamm und stellte sich damit auf die Seite derer, die anderenfalls ein Chaos befürchten. Ein an einer Elektroladestation aufgestelltes Parkplatzschild mit dem Zusatzschild "Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs" ist ein Parkverbot für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – und gültig. Damit ist das Parkverbot zu beachten. Das gilt selbst dann, wenn es ohne Rechtsgrundlage angeordnet wurde, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Benziner an der Ladestation
Ein Autofahrer parkte im Januar 2013 seinen VW Golf mit Verbrennungsmotor auf einem Abstellplatz, an dem kurz zuvor eine Elektroladestation installiert worden war. Ferner war ein Parkplatzschild und ein Zusatzschild mit der Aufschrift "Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs" aufgestellt worden. Die gegen ihn wegen Parkverstoßes verhängte Geldbuße von zehn Euro zahlte der Mann nicht. Er war der Ansicht, die Beschilderung des Abstellplatzes sei ohne Rechtsgrundlage aufgestellt worden.
Parkverbot gilt – Niederlage in der zweiten Instanz
Das Amtsgericht in Essen hatte den Mann noch freigesprochen. Das Gericht in Hamm hob das erstinstanzliche Urteil aber auf und verurteilte ihn wegen eines vorsätzlichen Parkverstoßes zu einer Geldbuße von zehn Euro. Den Richtern der zweiten Instanz war es allerdings wichtig zu betonen, dass es keine Rechtsgrundlage für die angebrachte Beschilderung bzw. die Einrichtung so genannter Elektroladeplätze im öffentlichen Verkehrsraum gebe. Aber sie zogen sich mit dem Hinweis aus der Affäre, dass dies hier gleichgültig sei.
Wo kämen wir hin, wenn jeder machen könnte, was er wollte?
Der Autofahrer hätte die Beschilderung beachten müssen, auch wenn es für sie keine Rechtsgrundlage gebe. So schlicht brachte es das Gericht auf den Punkt.
Der Mann habe also mit seinem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor dort nicht parken dürfen, weil das Parken nur Elektrofahrzeugen während des Ladevorgangs gestattet sei.
Verkehrschild ist Verkehrschild
Wie aber begründet man eine solche Entscheidung, dass Verkehrsschilder auch dann gelten, wenn man sie eigentlich nicht hätte aufstellen dürfen? Ganz klar mit dem Verwaltungsrecht: Die Beschilderung sei ein Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung, so das Gericht. Und diese würden in der Regel gelten. Ausnahmen könne es nur geben, wenn sie nichtig und nicht zu beachten seien. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn die Beschilderung an einem besonders „schwerwiegenden und offenkundigen Fehler“ leide. Offenkundig falsch sei das Schild aber nicht.
Nichtig wäre ein Schild beispielsweise dann, wenn die handelnde Behörde offensichtlich unzuständig sei oder der Verwaltungsakt etwas anordne, was offenkundig nicht vollzogen werden könne. Das treffe aber nicht auf Verkehrszeichen zu. Sie seien in der Regel wirksam, wenn die zuständige Behörde sie aufgestellt habe. Sähe man das anders, würde es auf dem „Gebiet der Verkehrsregelungen zu unerträglichen Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit kommen, weil man es dem einzelnen Verkehrsteilnehmer überließe, Verkehrszeichen allein deswegen zu missachten, weil er ihre Aufstellung für anfechtbar halte“. Hier macht das Gericht noch einmal deutlich, dass es ein Anhänger der oben genannten Chaostheorie ist. Ausgehend hiervon hatte der Autofahrer im vorliegenden Fall einen ordnungswidrigen Parkverstoß begangen. Unbeantwortet ließ es das Gericht leider, warum die Chaostheorie auch bei Parkverboten gilt und nicht nur bei Fragen der eigentlichen Verkehrssicherheit, wie bei einer Höchstgeschwindigkeit.
Oberlandesgericht Hamm am 27. Mai 2014 (AZ: 5 RBs 13/14)
Quelle: www.verkehrsrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 31.07.2014