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Nürburgring: Kein Kaskover­si­che­rungs­schutz bei Freiem Fahren

(red/dpa). Zwar gibt es in Deutschland kein generelles Tempolimit auf den Autobahnen, dennoch hat das Fahren auf einer Rennstrecke seinen Reiz. Daher gibt es viele, die mit ihrem eigenen Auto auf den Strecken fahren. Wie sieht es da aber mit dem Versiche­rungs­schutz aus?

Es gibt Kaskover­si­che­rungen, die in ihrem Kleinge­druckten den Versiche­rungs­schutz für Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken ausschließen. Und zwar unabhängig von der Teilnahme an Rennen. Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe hat eine solche Klausel für wirksam erklärt, wie die Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitteilt.

Privates Fahren auf dem Nürburgring

Bei einer Veranstaltung „H.-E.-Freies Fahren“ des Deutschen Sportfah­rer­kreises auf dem Nürburgring im April 2012 ‚krachte’ ein Porsche-Fahrer auf dem Nürburgring Nordschleife bei etwa 115 km/h in die Leitplanke. Die Fahrzeug­halterin forderte Schadens­ersatz: Was die beschädigte Leitplanke betraf, wollte sie von den Schadens­er­satz­an­sprüchen des Betreibers in Höhe von rund 1.800 Euro freige­stellt werden. Zum anderen forderte sie von ihrer Kfz-Versicherung, ihr den Fahrzeug­schaden von etwa 20.000 Euro zu ersetzen.

Klauseln im Versiche­rungs­vertrag

Im Kfz-Versiche­rungs­vertrag fand sich zur Haftpflicht­ver­si­cherung folgende Regelung (AKB):

„Genehmigte Rennen – Kein Versiche­rungs­schutz besteht für Schäden, die bei Beteiligung an behördlich genehmigten kraftfahrt-sportlichen Veranstal­tungen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit ankommt, entstehen. Dies gilt auch für dazuge­hörige Übungs­fahrten.“ 

Und für die Kaskover­si­cherung:

„Kein Versiche­rungs­schutz besteht für Schäden, die bei der Beteiligung an Fahrtver­an­stal­tungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit ankommt. Dies gilt auch für dazuge­hörige Übungs­fahrten. Darüber hinaus besteht kein Versiche­rungs­schutz für jegliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit ankommt (z.B. bei Gleich­mä­ßig­keits­fahrten, Touris­ten­fahrten). Versiche­rungs­schutz besteht jedoch für Fahrsi­cher­heits­trainings.“

Gericht: Versiche­rungs­klausel wirksam – Schaden am Porsche

wird nicht ersetzt

Schon das Landgericht Mannheim hatte der Klage lediglich hinsichtlich der Freistellung von Schadens­er­satz­an­sprüchen wegen der Leitplanke stattgegeben.  Auch in der zweiten Instanz hatte die Frau keinen Erfolg. Sie habe keinen Anspruch auf Erstattung des Kaskoschadens. Eine Zahlungs­pflicht der Versicherung gebe es durch den Risiko­aus­schluss in den AKB nicht.

Die Ausschluss­klausel sei in der konkret vorlie­genden Form wirksam, insbesondere sei sie weder überra­schend noch intrans­parent oder benach­teilige die Fahrzeug­halterin in sonstiger Weise entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Die Klausel sei nicht überra­schend, „auch wenn sich in denselben AKB in den Bereichen für die Haftpflicht­ver­si­cherung eine hiervon abweichende Risiko­aus­schluss­klausel“ finde.

Die Klausel sei ohne weiteres aus sich heraus verständlich. Sie sehe einen Risiko­aus­schluss für Fahrtver­an­stal­tungen und zugehörige Übungs­fahrten vor, bei denen es um die ‚Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit’ gehe. Im nächsten Satz werde der Risiko­aus­schluss – unabhängig vom ‚Renncha­rakter’ der jeweiligen Fahrt – auf sämtliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken ausgedehnt. Eine Motorsport-Rennstrecke sei eine Strecke, die dem Motorsport gewidmet sei und auf der kein öffent­licher Straßen­verkehr im gesetz­lichen Sinne stattfinde. Dass die Strecke hier außerhalb von Zeiten organi­sierter Veranstal­tungen für die Allgemeinheit zugänglich sei, da jedermann die Möglichkeit habe, sie gegen Zahlung eines Entgelts zu nutzen, ändere daran nichts.

Ausnahme: Fahrsi­cher­heits­training

Es habe sich auch nicht um ein vom Risiko­aus­schluss ausgenommenes Fahrsi­cher­heits­training gehandelt. Bereits nach dem allgemeinen Wortver­ständnis setze das Vorliegen eines Fahrsi­cher­heits­trainings die Anwesenheit zumindest einer Person voraus, welche die Teilnahme am Training anleite, das Fahrver­halten der Teilnehmer beobachte und Hinweise gebe, um festge­stellte Fahrfehler zu vermeiden bzw. das Fahrver­halten zu optimieren.

Gericht: Versicherung muss Schaden an Leitplanke bezahlen

Die Frau könne allerdings Freistellung von den Schadens­er­satz­an­sprüchen bezüglich der Leitplanke aufgrund des Vertrages zur Haftpflicht­ver­si­cherung verlangen. Hier könne sich die Versicherung nicht auf die Ausschluss­klausel im Haftpflicht­ver­si­che­rungs­vertrag berufen. Sie habe nicht bewiesen, dass es bei der Veranstaltung des Deutschen Sportfah­rer­kreises auf die Erzielung einer Höchst­ge­schwin­digkeit angekommen sei.

Zwar habe das Gericht keine Zweifel daran, dass bei einer solchen Veranstaltung die Fahrzeuge einem höherem Risiko ausgesetzt seien. Ebenso würde das Fahrver­halten der Teilnehmer – etwa durch Ausbremsen anderer Teilnehmer, Rechts­überholen, Windschat­ten­fahren – oft den Anforde­rungen der Straßen­ver­kehrs­ordnung nicht gerecht. Jedoch sei keine Wertung, Platzierung und Zeitmessung erfolgt.

Dass es den Teilnehmern zweifelsohne auch um die Erzielung möglichst hoher Geschwin­dig­keiten gehen könne, sei bei der gebotenen engen Auslegung einer Ausschluss­klausel nicht ausreichend. Die Veranstaltung sei auch keine „zugehörige Übungsfahrt“ gewesen. Hierfür hätte es eine vom Veranstalter organi­sierte Übungsfahrt zu einem bestimmten Rennen sein müssen.

Oberlan­des­gericht Karlsruhe am 15. April 2014 (AZ: 12 U 149/13)

Quelle: www.verkehrsrecht.de

Rechts­gebiete
Verkehrs­ver­si­che­rungsrecht Versiche­rungsrecht

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