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Nicht jede Beleidigung ist eine Diskri­mi­nierung

(red/dpa). Wer wegen seiner Religion, seines Geschlechts, seiner Weltan­schauung und anderer im Gesetz festge­schriebener Merkmale benach­teiligt wird, kann Entschä­digung verlangen. Er muss aber nachweisen, dass eine Benach­tei­ligung wegen eines der Merkmale erfolgt ist. Dies ist bei Beleidi­gungen nicht immer der Fall.

Nicht jede Äußerung oder Beleidigung stellt eine Diskri­mi­nierung nach dem Allgemeinen Gleich­stel­lungs­gesetz (AGG) dar. Wenn der Beleidigung keine schlechtere Behandlung folgt, hat man auch keinen Anspruch auf Schadens­ersatz. Das gleiche gilt, wenn sich der andere schnell entschuldigt, wie das Landes­ar­beits­gericht Köln entschied. 

Religi­ons­be­dingter Betrug?

Der Garten- und Landschafts­betrieb beschäftigte mehr als zehn Arbeit­nehmer. Der Inhaber kündigte allen Mitarbeitern, da er wegen Krankheit seinen Betrieb aufgeben musste. Zwei Monate vor Ende der Beschäf­tigung meldete sich ein Mitarbeiter krank. Er arbeitete im Betrieb als Pflasterer, war verheiratet und fünf Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Als Reaktion auf die Krankmeldung hinterließ der Arbeitgeber auf dem Anrufbe­ant­worter des Mannes eine Nachricht mit der Unterstellung, dass er die Firma betrüge. Dazu sagte er: „Wenn das also der Islam ist, den ihr lehrt, Firmen zu betrügen, krankzu­feiern, obwohl man gar nicht krank ist...“ Der Kläger fühlte sich nach dem AGG wegen seiner Religion diskri­miniert und verlangte Schadens­ersatz. 

Beleidigung mit Bezug auf Religion muss keine Diskri­mi­nierung sein

Ohne Erfolg. Die auf dem Anrufbe­ant­worter hinter­lassene Nachricht habe zwar die Ehre als Teil des allgemeines Persön­lich­keitsrecht des Mitarbeiters beeinträchtigt. Sie sei jedoch nicht schwer­wiegend und habe in anderer Weise befrie­digend ausgeglichen werden können. Der Vorwurf, er betrüge die Firma und habe sich krankschreiben lassen, obwohl er nicht krank sei, könne den Kläger in seiner Ehre verletzen. Zudem habe der Arbeitgeber diesen Vorwurf in einen Zusammenhang mit der Religion des Mitarbeiters gebracht. Unter Berück­sich­tigung der Umstände des Einzel­falles handele es sich aber nicht um einen schwer­wie­genden Eingriff in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht des Mannes. Dabei sei zu berück­sichtigen, dass der Vorwurf des „Krankfeierns" darauf zurück­ge­gangen sei, dass der Arbeitgeber konkreten Anlass zu Zweifeln an der attestierten Arbeits­un­fä­higkeit gehabt habe. Somit sie es auch keine Diskri­mi­nierung, wenn er den medizi­nischen Dienst einschalte. Schließlich habe der Mitarbeiter selbst geäußert, er habe sich von einem Psychologen krankschreiben lassen, weil das für niemanden nachweisbar sei.

Auch aus der Bezugnahme auf den Islam ergebe sich kein Anspruch auf eine Geldent­schä­digung. Der Arbeitgeber habe ihm recht bald nach dem Anruf per Fax mitgeteilt, dass er ihn in Bezug auf seine Religion nicht habe beleidigen wollen und habe sich danach noch entschuldigt. Die Beeinträch­tigung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts konnte durch diese zeitnahe Entschul­digung befrie­digend ausgeglichen werden. Eine Entschä­digung in Geld sei daher nicht notwendig. Rein objektiv sei der Mitarbeiter auch nicht wegen seiner Religion benach­teiligt worden, da allen Mitarbeitern gekündigt worden sei.

Landes­ar­beits­gericht Köln am 7. August 2012 (AZ: 12 Sa 521/11)

Rechts­gebiete
Arbeitsrecht

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