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Tipps&Urteile

Nach Unfall Kündigung des Fitness­studios möglich

(DAV). Ein Vertrag mit einem Fitness­studio ist wie in Stein gemeißelt. Unter Umständen gilt er ein Leben lang. So denken viele, auch weil „gefühlt“ die Kündigungs­fristen bei Fitness­stu­dio­ver­trägen ewig dauern. Aber stimmt das? Und was ist eigentlich, wenn ich wegen eines Unfalls keinen Sport treiben kann?

Für alle, die aufgrund eines Unfalls oder einer anderen Verletzung vorüber­gehend oder auf Dauer keinen Sport mehr machen können, hat das Amtsgericht in München ein wichtiges Urteil gefällt: Einen Fitness­vertrag darf fristlos kündigen, wer wegen einer Verletzung keinen Sport mehr treiben kann. Er muss auch nicht akzeptieren, in diesem Fall eben nur noch den Wellness­bereich des Studios zu nutzen.

Sportunfähig nach Fahrradsturz

Im Jahr 2010 unterschrieb eine Münchnerin einen Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten bei einem Fitness­studio. Der Vertrag berechtigte zur Nutzung der Geräte und der Sauna. Außerdem konnte die Frau an den angebotenen Kurse teilnehmen. Nach drei Monaten stürzte sie mit ihrem Fahrrad und verletzte sich schwer am rechten Ellenbogen. Den Vertrag stellte das Fitness­studio zunächst für etwa fünf Monate ruhend. Von Januar bis März 2011 besuchte die Münchnerin das Fitness­studio mehrmals. Im April 2011 kündigte sie schließlich den Vertrag fristlos aus wichtigem Grund. Sie legte ein Attest vor, das ihr bescheinigte, dass sie aufgrund ihres derzeitigen Gesund­heits­zu­standes nicht am Fitness­programm teilnehmen könne. Der Zeitpunkt, ab dem eine Wieder­aufnahme gesund­heitlich möglich sei, sei nicht absehbar. Zwei Wochen später legte sie ein weiteres Attest vor, in dem bescheinigt wurde, dass sie aus medizi­nischen Gründen das Fitness­studio nicht mehr besuchen könne. Sie leide unter einer Bewegungs­ein­schränkung des rechten Armes und des Ellenbogens.

Das Fitness­studio wies die Kündigung zurück und verlangte die restlichen Beiträge. Der Fitness­studio-Betreiber war der Meinung, eine außeror­dentliche Kündigung sei nur gerecht­fertigt, wenn jede sportliche Betätigung auf Dauer ausgeschlossen sei. Der Frau sei jedenfalls ein moderates Training sowie der Besuch der zahlreichen Aerobic- und Gymnas­tikkurse und der Saunaland­schaft möglich.

Bei Verletzung außeror­dentliche Kündigung wirksam

Auch Fitness­verträge seien kündbar, wenn dem Mitglied eine Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden könne, entschied das Gericht. Die schweren gesund­heit­lichen Beeinträch­ti­gungen aufgrund des Unfalls seien ein wichtiger Grund, der die Kündigung rechtfertige. Diese Verlet­zungen führten zu einer langfristigen Sportun­fä­higkeit. Die Frau habe zum Zeitpunkt der Kündigung unter erheblichen Schmerzen im rechten Arm gelitten und sei nicht in der Lage, mit der rechten Hand zuzugreifen. Damit könne sie an einem Großteil der angebotenen Kurse nicht teilnehmen und an den meisten Geräten nicht trainieren. Eine Besserung der Beschwerden sei auch nicht absehbar.

Rat des Arztes reicht – Gutachten nicht notwendig

Der behandelnde Arzt hielt ein Training der Frau im Fitness­studio nicht für sinnvoll und attestierte ihr dies auch. Das Gericht führte aus, dass es einem Patienten nicht zuzumuten sei, ein Gutachten darüber einzuholen, ob der Rat des Arztes auch zutreffend sei. Vielmehr dürfe der Patient dem Rat seines Arztes vertrauen.

Wegen Saunaland­schaft geht man nichts ins Fitness­studio

Man müsse sich auch nicht auf die Benutzung einiger weniger Geräte für die Beinmus­kulatur und die Wellness­an­gebote des Studios verweisen lassen. „Ein Fitness­stu­dio­vertrag wird in der Regel geschlossen, um sich körperlich zu ertüchtigen und Muskulatur und Fitness zu trainieren“, so das Gericht. Wellness­an­gebote würden in der Regel nach dem Sport genutzt. Allein wegen er Zusatz­an­gebote werde weder ein Fitness­stu­dio­vertrag geschlossen noch ein Fitness­studio besucht. 

Amtsgericht München am 12. Juni 2013 (AZ: 113 C 27180/11)

Rechts­gebiete
Vertragsrecht

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