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Minder­jährige darf Schwan­ger­schaft gegen Willen der Mutter abbrechen

(red/dpa). Wird eine Minder­jährige schwanger, dürfen zwar die Sorgebe­rech­tigten – also in der Regel die Eltern – über Fortsetzung oder Abbruch der Schwan­ger­schaft entscheiden, im Zentrum steht jedoch immer das Wohl des jungen Mädchens. Doch nicht immer sind die Sorgebe­rech­tigten willens oder in der Lage, danach zu handeln.

In einem solchen Fall kann ein Famili­en­gericht entscheiden, die Entschei­dungs­be­fugnis auf eine andere Person zu übertragen. Darüber informiert die Arbeits­ge­mein­schaft Famili­enrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). 

Schwanger mit 13

Das 13-jährige Mädchen war schwanger geworden, wollte das Kind aber nicht behalten. Ihr Wunsch war es, weiter zur Schule zu gehen, Abitur und eine Ausbildung zu machen. Sie hatte sich bereits bei mehreren Stellen zum Schwan­ger­schafts­abbruch beraten lassen. 

Keine Unterstützung durch die Mutter

Das junge Mädchen lebte erst seit drei Jahren mit ihrer Mutter zusammen. Vorher war sie bei ihren Großeltern in Kamerun aufgewachsen. Bereits nach kurzer Zeit entstanden zwischen beiden Konflikte und Streitig­keiten. Die Tochter warf ihrer Mutter vor, sie zu schlagen, sie aus der Wohnung auszuschließen und sonstiges aggressives Verhalten zu zeigen.

Da sie sich vor Repres­salien ihrer Mutter fürchtete, hatte das Mädchen nicht zuerst sie über ihren Zustand informiert, sondern sich zunächst an eine Lehrerin und mit deren Unterstützung an den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) gewandt. Der ASD nahm mit dem Einver­ständnis der Mutter das Mädchen in seine Obhut. Es lebte dann in einem Frauenhaus.

Mögliche Kindes­wohl­ge­fährdung

Nach einem Gespräch mit der Mutter erklärte der ASD, es sei wahrscheinlich, dass man im Falle der Austragung des Kindes das Neugeborene direkt nach der Geburt wegen Kindes­wohl­ge­fährdung in Obhut nehmen müsse.

In einem weiteren Gespräch mit Mutter und Tochter lehnte die Mutter einen Schwan­ger­schafts­abbruch kategorisch ab, da sie gläubige Christin sei. Sie zeigte andererseits aber kaum Bereit­schaft, ihre Tochter und deren kleines Kind zukünftig zu unterstützen. Eine Freigabe zur Adoption schied für Mutter wie Tochter aus.

Das Amtsgericht hatte eine Ergänzungs­pfleg­schaft – wahrge­nommen vom Jugendamt – angeordnet, der die Gesund­heitssorge, das Aufent­halts­be­stimmungs- und das Erziehungsrecht umfasste. Das ging der Amtspflegerin nicht weit genug: Sie legte Beschwerde ein. 

Gericht: Ersetzung der Einwil­ligung zum Schwan­ger­schafts­abbruch

Das Oberlan­des­gericht entschied, die Ergänzungs­pfleg­schaft auch auf die ‚Ersetzung der Einwil­ligung zum Schwan­ger­schafts­abbruch’ zu erweitern. Das bedeutet, dass statt der sorgebe­rech­tigten Mutter nun der Ergänzungs­pfleger über den Schwan­ger­schafts­abbruch entscheiden konnte.

Die Richter sahen eine Gefährdung des geistig-seelischen Wohls des jungen Mädchens, sollte sie gegen ihren Willen gezwungen werden, ihr Kind auszutragen.

Zum einen erhalte die Schwangere von ihrer Mutter nicht die notwendige Unterstützung bei der Betreuung des Kindes und ihrer eigenen weiteren Entwicklung. Zum anderen habe die Mutter Druck auf ihre Tochter ausgeübt, das Kind auszutragen, obwohl diese das nicht wollte. Das betrachteten die Richter als ein „missbräuch­liches Ausüben der elterlichen Sorge“.

Hansea­tisches Oberlan­des­gericht Hamburg am 5. März 2014 (AZ: 10 UF 25/14)

Quelle: www.dav-famili­enrecht.de

Rechts­gebiete
Ehe- und Famili­enrecht

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