Tipps&Urteile

Mietwa­gen­kosten für die gesamte Dauer der Wieder­be­schaffung

(red/dpa). Wenn beim Unfall das eigene Fahrzeug beschädigt wurde, greifen viele auf einen Mietwagen zurück, bis das eigene Fahrzeug repariert oder ersetzt ist. Trägt man keine Schuld an dem Unfall, muss die Kosten hierfür die gegnerische Versicherung zahlen. Sachver­ständige prognos­ti­zieren die Wieder­be­schaf­fungsdauer. Dass aber die Mietwa­gen­kosten durchaus auch länger übernommen werden müssen als für die prognos­ti­zierte Dauer, zeigt ein Fall, den das Amtsgericht Haßfurt entschieden hat.

Danach musste der gegnerische Versicherer die Mietwa­gen­kosten für insgesamt 38 Tage übernehmen und nicht – wie vom Sachver­ständigen prognos­tiziert – für zehn Werktage. Nach Maßgabe der Versicherung wären das 16 Tage gewesen. Doch Verzöge­rungen bei der Reparatur oder der Beschaffung eines Ersatz­fahrzeugs hat nicht der Geschädigte zu verant­worten. Bedingung ist allerdings, dass er zügig ein Ersatz­fahrzeug bestellt hat und dies auch vergleichbar ist mit dem Unfall­fahrzeug, so die Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). 

Ersatz­fahrzeug aus Spanien

Der Autofahrer hatte unverschuldet einen Unfall mit Totalschaden. Er wollte sich einen vergleichbaren Neuwagen kaufen. Ein Gutachter prognos­ti­zierte als Wieder­be­schaf­fungsdauer zehn Werktage. Umgehend nach dem Zugang des Gutachtens bestellte der Halter bei einem Autohändler in seiner Nähe ein vergleichbares Fahrzeug. Den Pkw, der beim Unfall beschädigt wurde, hatte er bei demselben Händler ein gutes Jahr zuvor gekauft. Der bestellte Wagen, ein Import­fahrzeug aus Spanien, konnte wegen fehlender Dokumente erst 38 Tage nach dem Unfalltag zugelassen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt fuhr der Mann einen Mietwagen. Er wollte die gesamten Mietwa­gen­kosten erstattet haben. Die Versicherung zahlte jedoch nur für 16 Tage. Die restlichen 2.770 Euro klagte er ein. 

Gericht: Für Verzöge­rungen haftet Schädiger

Der Mann erhält die kompletten Mietwa­gen­kosten für die 38 Tage ersetzt, entschied das Gericht. Dass er erst so spät das Ersatz­fahrzeug erhalten habe, habe er nicht zu verant­worten. Dieses Risiko habe der Schädiger zu tragen.

Die Entscheidung des Gerichts ist einleuchtend: Wird ein Fahrzeug unzulänglich oder nur schleppend repariert, kann der Halter nichts dafür, sofern er eine normale Werkstatt beauftragt hat. Gleiches gilt auch für den beauftragten Autohändler. Kann ein Fahrzeug erst später zugelassen werden, muss diese Verzögerung nicht der Geschädigte verant­worten. 

Für das Gericht war auch klar, dass es nicht allein auf das Gutachten zur Wieder­be­schaf­fungszeit ankommt. Dabei handele es sich nur um eine „sachver­ständige“ Prognose mit dem Risiko unvorher­ge­sehener Kosten und Verzöge­rungen im Rahmen der durchge­führten Schadens­be­hebung. Ein solches Risiko sei dem Geschä­digten nicht anzulasten, wenn ihm kein Vorwurf zu machen sei. Im vorlie­genden Fall habe der Mann diesen Autohändler beauftragen dürfen, da er dort auch das erste Auto gekauft habe. Zudem habe er diesen bereits kurze Zeit nach dem Unfall und dem Erhalt des Gutachtens beauftragt. Darüber hinaus habe er einen vergleichbaren Pkw als Ersatz­fahrzeug bestellt. Da das erste Auto erst eineinhalb Jahre alt gewesen sei, habe er auch einen Neuwagen bestellen dürfen. Und bei einem Neuwagen könne es eben bei der Zulassung zu Verzöge­rungen kommen.

Amtsgericht Haßfurt am 2. August 2013 (AZ: 2 C 165/13)

Quelle: www.verkehrsrecht.de

Zurück